Geldanlage

„China nicht unterschätzen“

Man sollte Chinas Immobilienprobleme nicht überbewerten, meint Fidelity-Expertin Vanessa Chan.
Man sollte Chinas Immobilienprobleme nicht überbewerten, meint Fidelity-Expertin Vanessa Chan.Clemens Fabry
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Das Wachstum in Asien sei intakt, die Schuldnerqualität nehme zu, sagt Fidelity-Investmentexpertin Vanessa Chan. Sie erklärt, wie sie Chancen nutzt. 

Das geopolitische Umfeld wird rauer, die Kriege in der Ukraine und Israel verschärfen sich. Ein rasches Ende scheint nicht in Sicht, die langfristigen Folgen für die globale Wirtschaftsleistung bleiben ungewiss. Zumindest kurzfristig deuten die Oktober-Prognosen des IWF auf ein leichtes Wachstum weltweit hin, das heuer bei drei und 2024 bei 2,9 Prozent liegen dürfte.

Auffällig hoch fallen die Schätzungen für Asien aus: Sie liegen für heuer bei 5,2 Prozent und für 2024 bei 4,8 Prozent. Im Gespräch mit der „Presse“ erläutert Vanessa Chan, Leiterin Asia Fixed Income Investment Directing bei Fidelity International, wesentliche Wachstumstreiber, zu denen sie die Geschehnisse in Indien zählt. Sie verweist etwa auf die wachsende junge Bevölkerungsgruppe, die zum Konsumwachstum beiträgt.

Indiens Banken erholen sich

Chan verweist obendrein auf Entwicklungen in Indiens Bankensektor: So habe sich die Zahl der notleidenden Kredite stark verringert, während die Kreditvergabe wächst. Zudem wurden Schritte gesetzt, um den Ausbau des verarbeitenden Gewerbes zu forcieren. So wurde bereits im September 2019 die Körperschaftsteuer (KÖSt) von 30 auf 22 Prozent gesenkt. Unternehmer, die ein neues Werk errichten, müssen sogar nur eine KÖSt von 15 Prozent abführen.

Auch China als zweite große Wirtschaftsmacht Asiens sollte trotz jüngster negativer Schlagzeilen nicht unterschätzt werden, mahnt Chan. Die Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung nach dem Ende der Lockdowns wurden zunächst enttäuscht, doch allmählich setze die Erholung ein. Im dritten Quartal wuchs Chinas BIP um 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Die negativen Entwicklungen im Immobiliensektor will Chan nicht überbewerten.

Solider Bondmarkt

Sie verweist auf den Markt für Hochzinsanleihen, der Schuldner mit einer schwachen Bonität umfasst. Zu dem Segment zählen auch mehrere Immobilienentwickler, sie machten noch vor wenigen Jahren rund 30 Prozent des Markts aus, inzwischen sind es nur noch zehn Prozent. Überdies wurden Stützungsmaßnahmen gesetzt. Dazu zählen Zinssenkungen für Hypothekardarlehen sowie regulatorische Maßnahmen, um Spekulationen einzuschränken.

Überhaupt sei der Bondmarkt im gesamten asiatischen Raum inzwischen solider aufgestellt als noch vor Jahren, betont Chan. Die durchschnittliche Bonität etwa bei Dollar-Emissionen liegt mittlerweile bei einem BBB+, somit im soliden Investment-Grade-Bereich. Zudem ist das Volumen der Emissionen von Dollar-Anleihen gestiegen. „Noch vor zehn Jahren lag das Volumen bei rund 400 Milliarden Dollar. Inzwischen sind es knapp 970 Milliarden Dollar.“ Dabei sei das Marktwachstum nicht nur auf eine höhere Verschuldung bestehender Emittenten zurückzuführen. „Neue Schuldner sind auf den Markt gekommen, um ihr Wachstum zu finanzieren.“

Auch der Fidelity Asian Bond Fund setzt zum Großteil auf Dollar-Emissionen, so etwa auf kurzlaufende philippinische Staatsanleihen. In Staatsemissionen in Lokalwährungen wird ebenfalls investiert, so etwa aus Südkorea und Singapur. Die Verzinsung ist höher als bei Dollar-Anleihen, wenngleich auch das Risiko. Chan meint zudem, dass die Zinsanhebungen in diesen Regionen den Zenit erreicht haben könnten. Allein die Aussicht auf Senkungen beflügelt Kurse bestehender Anleihen. Denn sie bieten dann eine höhere Verzinsung als neue Papiere, die nach der Senkung begeben werden.

Reisen mit Potenzial

Der Fonds nutzt zudem Chancen im Reisesektor, so etwa mit Bonds von Hongkong International Airport and SMBC Aviation Capital, einem Flugzeugleasingkonzern aus Japan. Seit dem Ende der Pandemiemaßnahmen gebe es Aufholpotenzial bei der Reisetätigkeit und dem Frachtverkehr. Solch ein Umstand dürfte die Bilanz der Emittenten stärken. Chan gibt sich auch für Asiens Banken zuversichtlich. Sie seien gut kapitalisiert, die Verzinsung bei entsprechenden Bonds sei lukrativ.

Alles in allem sind die langfristigen Perspektiven interessant. Anleger müssen dennoch beachten, dass auch Kursverluste möglich sind.

Zur Person

Vanessa Chan ist seit 2017 bei Fidelity, bei dem sie als Leiterin der Abteilung Asia Fixed Income Investment Directing tätig ist. In dieser Funktion trifft sie strategische Entscheidungen für das Anleihegeschäft in Asien, so etwa für den Fidelity Funds Asian Bond (LU0605512275). Zuvor war die Expertin unter anderem bei der Kreditratingagentur Fitch Ratings Hongkong tätig. Chan hat einen Bachelorabschluss in Buchhaltung und Finanzen von der London School of Economics. 

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