Geschichte

Der Vater der modernen Türkei

Schulkinder mit Masken des Staatsgründers beim Atatürk-Mausoleum in Ankara.
Schulkinder mit Masken des Staatsgründers beim Atatürk-Mausoleum in Ankara.AFP/Getty Images
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Vor 100 Jahren begann mit der Gründung der türkischen Republik durch Kemal Mustafa Atatürk die wichtigste Abgrenzung von der osmanischen Vergangenheit. 

Besonders patriotisch waren die Schulbücher, an die sich der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk erinnerte, nicht. Es war in den 1950er- und 60er-Jahren und immer wieder wurde die Türkei mit dem westlichen Europa verglichen. Warum war der Rückstand entstanden, was war das Geheimnis des Erfolgs der anderen? „Beschreiben Sie Ziele und Früchte der Renaissance“, war zum Beispiel eine Prüfungsfrage. Auch die Klage darüber, „dass wir nie eine Aufklärung gehabt haben“, blieb dem Autor in Erinnerung. Was die Schulbücher vor allem lehrten, war, dass eine Linie zwischen Staat und Religion gezogen werden musste und warum es vernünftig gewesen war, die Häuser der Derwische zu schließen und die arabische Schrift zugunsten der lateinischen aufzugeben.

Die Schüler sahen sich aufgefordert, an den prowestlichen sozialen und kulturellen Reformen der modernen Republik Türkei festzuhalten und sich von dem alten, rückständigen und unnötigen osmanischen Ballast des Orientalismus unbeeindruckt zu zeigen. Modernisierung und Europäisierung der Gesellschaft: Das Vorhaben ging zurück auf einen Prozess, der 1923 mit der Gründung der Republik Türkei in Gang gesetzt wurde, und zwar „so schnell wie möglich und so viel wie möglich“, wie der Staatsgründer sagte. Dieser Mustafa Kemal Pascha (1881–1938) vollzog damals die wichtigste historische Abgrenzung gegenüber dem über 600 Jahre alten, nach seiner Eigenbezeichnung „Erhabenen Osmanischen Staat“. Aus dessen Konkursmasse entstand etwas Neues, eine (nicht ohne Zwang) homogenisierte Gesellschaft, eine laizistische Republik.

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