Neue Musik

Wien Modern: Im Stephansdom piepst es ja!

Mark Andres „Rwḥ” im Stephansdom: Hier war man umzingelt von Klang.
Mark Andres „Rwḥ” im Stephansdom: Hier war man umzingelt von Klang.Markus Sepperer
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Mark Andres Klanginstallation „rwḥ 1-4“ wickelte das Publikum in einen Strudelteig aus Geräuschen. Christof Ressi ließ indessen im Radiokulturhaus ein Orchester nach Gaming-Regeln spielen.

„Rwḥ”, das ist Aramäisch für eine Begriffsfamilie, die alles umfassen zu scheint, was man nicht greifen kann – Wind, Geist, Spiritualität, Raum, Atem. Vielleicht auch Gähnen. Mark Andres vierteilige Geräuschinstallation „rwḥ 1-4“ füllte den Stephansdom mit Sängern, Chormädchen, Lautsprechern, Musikern des RSO und vielen Zuhörern. Man war umzingelt von Klang. Streicherhauch zog um die Säulen. In der Vierung, unter den Augen des gekreuzigten Herrn Jesu Christ, stand Roland Kuttig: Eine Art menschliches Metronom, zackig die Hände schwingend, um die straff durchgetaktete – und dank des Schlagwerks – erstaunlich konkrete Musik zu organisieren.

So spielte man sich erstmal quietschend, gurgelnd, raspelnd die Bälle zu. Die Schnittstelle zwischen Irdischem und Existentiellem soll dieses „spirituelle opus magnum“ von Andre sein. Ein Klavier meldete sich sprunghaft zu Wort. Zartes ging über zu Dröhnen. Vom Orchester kam vom SWR Experimentalstudio elektronisch unterstütztes Ächzen und Piepsen wie von einem überforderten Hörgerät. Im dritten Teil unterbrachen wunderbar resonante, anklopfende „Tokkks“ die Geräusche einer ungeölten Gartenschuppentür.

Wer nun, im alle Ensembles aufbietenden vierten Teil, eine große Krawumm-Nummer aus allen Saiten, Kehlen und Lautsprecherkanälen erwartete, wurde überrascht: Es blieb beim musikalischen Flüstern und Hauchen. Die Chormädchen durften hin und wieder einen Ton singen und mit den Noten wackeln. Ein Metallgegenstand fiel auf den Boden; es war nicht klar, ob es zur Musik gehörte. Nach eineinhalb Stunden schien man eingewickelt gewesen zu sein in dieses zarte, wie ein hauchdünner Strudelteig ausgerollte musikalische Material.

Wie in einer Videospielhalle

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