Mein Donnerstag

Darf man sich noch übers warme Wetter freuen?

Ein Sommertag im September in Wien. Darf man sich darüber freuen?
Ein Sommertag im September in Wien. Darf man sich darüber freuen?Clemens Fabry
  • Drucken

Ist es verwerflich, zwei Wochen vor Allerheiligen das Badewetter zu zelebrieren?

Die besten Karikaturen sind ja die, in denen man sich selbst wiederentdeckt. Letzte Woche habe ich mich regelrecht ertappt gefühlt. Es war eine Zeichnung der Autorin und Künstlerin Stefanie Sargnagel, die ihre Cartoons in mehreren Zeitungen und für gewöhnlich auch in sozialen Medien veröffentlicht. Darauf zu sehen war viermal dieselbe Person in einer Hängematte, die, so die Sprechblase, „die letzten Sommertage genießen“ wolle. Bloß der Monat änderte sich auf den Bildern, vom September zum Oktober, zum November und schlussendlich dann der Dezember.

Und ja, als ich gerade an einem strahlenden Sonnentag von einer Wanderung zurückkehrte und mir beim Blick aufs Handy diese Karikatur angezeigt wurde, fragte ich mich: Hat Sargnagel gerade mich gezeichnet? Habe ich doch auch den gesamten September damit verbracht, möglichst alles aus den – vermeintlich letzten – Sommertagen herauszuholen. Nur um dann im Oktober erst recht erneut im Bikini in der Sonne zu liegen – in Wien wohlgemerkt. Eine Zeit lang beglückte ich auch noch meine Freunde mit Fotos meiner Ausflüge ans Wasser, zuweilen mit dem Untertitel „Der Sommer ist noch nicht vorbei“ versehen. Dann hörte ich damit auf.

Denn irgendwann kam es mir komisch vor, zu zelebrieren, dass es zwei Wochen vor Allerheiligen noch Badewetter gab, dass sowohl der September als auch der Oktober als die heißesten der letzten 125.000 Jahre galten. Darf man sich bei solchen düsteren Aussichten überhaupt über warme Temperaturen freuen?

Ich finde: Ja. Denn die Erderwärmung wird noch genug Folgen bringen, die höchst unangenehm sein werden. Bei denen der Genuss wesentlich schwerer fallen wird. Man kann die warmen Herbsttage also ruhig so feiern, wie sie fallen. Idealerweise sorgt man aber auch dafür, dass sie nicht noch viel wärmer werden.

E-Mails an: teresa.wirth@diepresse.com

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.