Windkraft

Desaster bei Siemens Energy: „Es muss unsere Aufgabe sein, das erst einmal zu fixen“

Das Desaster beim deutschen Energiekonzer Siemens Energy hat eine neue Zahl.
Das Desaster beim deutschen Energiekonzer Siemens Energy hat eine neue Zahl.Imago / Frank Hoermann/sven Simon
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Das Desaster beim deutschen Energiekonzer Siemens Energy hat eine neue Zahl: 4,59 Milliarden Euro Rekordverlust - verursacht durch Windkraftanlagen. Sogar der Staat muss einspringen. Konzernchef Bruch bleibt dennoch beim Engagement in Windenergie. Und die Aktie springt hoch.

Siemens-Energy-Chef Christian Bruch schließt einen Rückzug aus dem Geschäft mit Windkraftanlagen an Land vorerst aus. „Wir können nicht sagen, das machen wir nicht mehr“, sagte er auf der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch in München. Ein „Knalleffekt“ sei daher auf dem Kapitalmarkttag in der nächsten Woche nicht zu erwarten. „Es muss unsere Aufgabe sein, das erst einmal zu fixen.“ Siemens Energy werde sich im Onshore-Bereich künftig aber auf bestimmte Produkte und Märkte beschränken. „Man wird sich mehr fokussieren müssen.“ Weitergehende Entscheidungen zum Onshore-Wind-Geschäft könnten erst getroffen werden, wenn der Bereich wieder schwarze Zahlen schreibe.

Bruchs Aussagen folgen auf die Zahlenvorlage zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/23. In ihm wurde der Konzern durch die Windkraft-Tochter Siemens Gamesa noch tiefer in die roten Zahlen gedrückt. Die Anlauf- und Qualitätsprobleme ließen den Verlust auf 4,59 Milliarden (Vorjahr: 712 Millionen Euro) anschwellen, obwohl die übrigen drei Sparten ihre Ziele erreichten oder sogar übertrafen, teilte Siemens Energy am Mittwoch in München mit.

Der Umsatz stieg auf vergleichbarer Basis um knapp zehn Prozent auf 31,1 Mrd. Euro, der Auftragseingang schnellte - dank großer Aufträge für Windanlagen und Stromnetze - sogar um gut ein Drittel auf 350,4 Mrd. Euro. Siemens Energy rechnet im Windkraft-Geschäft aber noch mit zwei weiteren Verlustjahren. Siemens Gamesa werde die Gewinnschwelle erst im Geschäftsjahr 2025/26 erreichen. Für das laufende Geschäftsjahr 2023/24 sei bei Gamesa wegen Qualitätsmängeln bei Windkraftanlagen für den Einsatz an Land (Onshore) und Anlaufschwierigkeiten bei Windrädern für die hohe See (Offshore) erneut ein Verlust von zwei Mrd. Euro zu erwarten.

Zukunft des Windkraft-Geschäfts bleibt offen

Wie es im Windkraft-Geschäft weitergehen soll, will Siemens-Energy-Chef Christian Bruch kommende Woche verkünden. „Um den Turnaround zu schaffen und Siemens Gamesa wieder profitabel zu machen, wird derzeit der Umfang der Geschäftsaktivitäten von Siemens Gamesa überprüft“, hieß es in der Mitteilung nur. Immerhin zeichne sich ab, dass die im Sommer gebildeten milliardenschweren Rückstellungen ausreichten. Bruch sprach von „Fortschritten bei der Bewältigung der Probleme von Siemens Gamesa“. Weitere Rückstellungen seien seither nicht vorgenommen worden.

Im neuen Geschäftsjahr hofft Siemens Energy unter dem Strich wieder auf einen Gewinn von rund einer Mrd. Euro, aber nur aufgrund geplanter Verkäufe von Firmenteilen. Operativ könnte Siemens Gamesa den Konzern erneut in den roten Zahlen halten. Die operative Umsatzrendite werde bei minus zwei bis plus ein (2023/23: minus 8,9) Prozent erwartet, bei einem erwarteten Umsatzwachstum von drei bis sieben Prozent.

An Aufträgen mangelt es nicht. Siemens Energy sitzt auf einem Auftragsbestand von 112 Mrd. Euro. Um ihn sicher für die Kunden abarbeiten zu können, brauchte das Unternehmen aber milliardenschwere Garantien. Ein Bankenkonsortium soll nun für zwölf Mrd. Euro garantieren, 7,5 Mrd. Euro davon sichert der deutsche Staat ab, wie das deutsche Wirtschaftsministerium am Dienstag mitgeteilt hatte. „Die große Nachfrage nach unseren Produkten bringt auch Herausforderungen mit sich“, sagte Bruch. „Wir sind daher froh, dass wir nach sehr konstruktiven Gesprächen eine gute Lösung mit allen Beteiligten gefunden haben, unser durch die Energiewende stark beschleunigtes Wachstum sicherzustellen.“ Weitere drei Mrd. Euro an Garantien sollen im Ausland besorgt werden. Die spanische Regierung hat bereits Unterstützung signalisiert.

Mutterkonzern steht für erste Milliarde ein

Für die erste Milliarde an möglichen Ausfällen steht formal der ehemalige Mutterkonzern Siemens ein. Er hat sich dafür aber Sicherheiten von Siemens Energy geben lassen, unter anderem einen Fünf-Prozent-Anteil an der gemeinsamen indischen Tochter Siemens Ltd. 18 Prozent an Siemens Ltd verkauft Siemens Energy direkt an deren Mehrheitsaktionär, der damit künftig auf 69 Prozent kommt. Die Siemens AG überweist dafür 2,1 Mrd. Euro, 15 Prozent weniger als das Aktienpaket an der Börse wert ist. Mit dieser Finanzspritze will Finanzchefin Maria Ferraro Siemens Energy das Investment-Grade-Rating sichern.

Siemens erklärte, das sei der erste Schritt zu einer schnelleren Entflechtung des Indien-Geschäfts, die bei der Aufspaltung vor drei Jahren unterblieben war. 2025 sollen Siemens und Siemens Energy in Indien getrennt voneinander auftreten. Auf das operative Geschäft in Indien habe das keine Auswirkungen. „Indien bleibt für Siemens Energy ein strategisch wichtiger Wachstumsmarkt, in den das Unternehmen weiter investieren wird.“ (Apa/Reuters/est)

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