Neues Album

Beirut im hohen Norden – und mit neuem Klang

Beirut-Sänger Zach Condon.
Beirut-Sänger Zach Condon.Lina Gaisser
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Zach Condon, Sänger der Band Beirut, hat im Dunkel Norwegens wieder Mut gefasst.

Wenn dunkle Wolken aufziehen, zieht es Geplagte für gewöhnlich ans Licht. Nicht so Zach Condon, Mastermind von Beirut, einer Indiepop-Band, die bislang reichlich mit osteuropäischen Klängen experimentiert hat. Nach hartnäckigen Stimmproblemen, die 2019 zum Abbruch einer Tournee führten, suchte sich der in Berlin lebende Amerikaner zum Zwecke der Selbstheilung eine Hütte im hohen Norden Norwegens. Konkret auf der Insel Hadsel, die nur knapp über 8000 Einwohner zählt.

Seinen Aufenthalt plante Condon bewusst im Winter, wenn dort die Sonne kaum je über den Horizont kommt. Kälte, Einsamkeit und Dunkelheit waren ideal für ihn, sein rastloses Musikerleben Revue passieren zu lassen und die richtigen Schlüsse für eine kreative Zukunft zu ziehen. In der wohlig warm geheizten Holzhütte geriet er tatsächlich in eine Art kreative Trance. Prompt tauchte die verloren geglaubte Stimme wieder auf. Und so beeindruckt das nun edierte, sechste Beirut-Album „Hadsel“ mit gänzlich neuem Klangbild. Da begegnen einander frohlockende Waldhörner und ächzende Rhythmen alter Drum-Maschinen, hitzige Trompeten und zarte Ukulelesounds. Über all dem thront der ehrfurchtsgebietende Sound der aus dem frühen 19. Jahrhundert stammenden Orgel der lokalen Hadselkirke.

Die Sorge trägt Sonntagsstaat

Das passt ideal zur nachdenklichen Anmutung der zwölf neuen Lieder. Ihr Melodieduktus ist feierlich und oft von einem unbestimmten Optimismus durchweht. Es sei eine Rückkehr zum sehr persönlichen, ja naiven Musizieren, wie er es in seiner Jugend praktiziert habe, erklärte der 37-Jährige jüngst. Naivität ist eben ein wertvolles Gut, das viel zu leicht aufgegeben wird. Wie schon auf früheren Liedzyklen bricht Condons Faible für Ortsnamen durch. Und doch geben Lieder wie „Spillhaugen“, „Stokmarknes“ und „Hadsel“ eher nur Auskunft über innere Landschaften. Condon kartografiert in diesen zarten Szenarien kleine, aber wirkmächtige Verwerfungen seiner Psyche. Die Sorge trägt Sonntagsstaat.

Der osteuropäische Vibe ist dahin. Das Ätherische und das Erdverbundene sind aber durchaus kein Widerspruch. Etwa in „Island Life“, wo eine recht weltliche Melodie das seelische Bangen fasst. Der Protagonist des Liedes wirft Ballast ab, um einen Punkt existenzieller Leere zu erreichen, von dem aus ein Neustart möglich ist. Das wird mit aller erforderlichen Dringlichkeit gesungen. Wasserperkussion, Glockenspiel und eine einsame Trompete illustrieren die Suche nach einem Kipppunkt ins Bessere.

Obwohl Condon viel Trost und Wärme in der menschenfeindlichen Natur des Nordens gefunden hat, zog es ihn zur Fertigstellung von „Hadsel“ dann doch nach Berlin zurück. Ein deutscher Titel sticht aus der Songliste hervor. „Süddeutsches Ton-Bild-Studio“ nennt sich ein schläfrig anmutendes Lied. Es ist der Name einer Bandmaschine, die Condon auf Ebay gekauft hat: „Mir schien der Name passend und auf seltsame Art poetisch.“

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