Deutschland

Hotelmarkt befindet sich in Transformation

Zum ersten Mal seit 2012 wurde in den ersten drei Quartalen keine Transaktion mit einem Volumen von über 100 Mio. Euro abgeschlossen.
Zum ersten Mal seit 2012 wurde in den ersten drei Quartalen keine Transaktion mit einem Volumen von über 100 Mio. Euro abgeschlossen.ginton
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Bei weiterhin hohen Zinsen muss die Branche kreativ werden, um Projekte zu finanzieren. Daher ist mit einem Zustrom von Unternehmen und Fonds zu rechnen, die neu in die Branche einsteigen, um die Lücke zu schließen. 

Die deutsche Hotellerie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, in dem sie angesichts der höheren Finanzierungskosten, der anhaltenden Wachstumsschwäche und der sich wandelnden Marktanforderungen ihre Strategien neu bewerten muss. Einhergehend mit den gestiegenen Kosten reichen die aktuellen Renditen vielerorts nicht mehr aus, um die Kapitalkosten zu decken. Trotzdem zeigt sich das Hotelsegment insgesamt widerstandsfähig gegen Inflation und Konjunkturschwäche und bietet im Vergleich zu Büro- oder Einzelhandelsimmobilien stabilere Renditen.

Mehr Freizeit im Portfolio

Bislang waren die deutschen Hotels traditionell auf Geschäftsreisen angewiesen. Durch das veränderte Reiseverhalten beziehungsweise das sich weltweit verändernde Reise- und Tourismusgeschäft dürfte dieser Wandel weiter angetrieben werden. Dieser Anpassungsprozess wird dazu führen, dass viele Hotels ihr Geschäftsmodell und ihre Strategien an die veränderten Marktbedingungen anpassen müssen, auch um vermehrt Freizeitgäste aus aller Welt anzuziehen.

Parallel dazu dürften Investoren ebenso ihre Portfolios stärker diversifizieren. Bislang waren jene deutscher Investoren auf Business- und Budgethotels ausgerichtet. Mit dem sich verändernden Marktumfeld dürften sich in den Portfolien vieler institutioneller Anleger künftig auch Resort- und Freizeithotels widerfinden. Im Großen und Ganzen hätten sich die deutschen Hotels gut darauf eingestellt, sich von einem reinen Geschäftsreiseschwerpunkt wegzubewegen, sagt Stefan Giesemann, Managing Director, Emea Hotels & Hospitality Capital Markets – Central, Nor­thern & Eastern Europe bei JLL. ­Sogar die großen Konferenzhotels hätten Strategien entwickelt, um Gäste am Wochenende anzuziehen, betont der Experte.

Auch Josef Filser, Head of Hotels Germany von Cushman & Wakefield, ist sich sicher, dass die Hotelmärkte in Deutschland bzw. der D-A-CH-Regionen sich dank eines starken Anstiegs der durchschnittlichen Zimmerpreise robust erholt haben. Die meisten Betreiber zeigten großes Vertrauen in den Sektor und sind optimistisch, dass sich die Performance in den nächsten zwölf Monaten weiter verbessern wird.

Investoren warten ab

Die gestiegene Nachfrage in vielen Destinationen Deutschlands – hier sind v. a. die Nord-, Ostsee und die Alpenregion zu nennen – hat es der Branche ermöglicht, die Durchschnittspreise auf ein Niveau anzuheben, von dem die meisten Eigentümer nur träumen können, erläutert Christian Buer, Managing Partner für Deutschland bei Horwath HTL. Ferner haben sich die Befürchtungen, dass sich die Entwicklung im Jahr 2023 aufgrund des zunehmenden Drucks auf die Lebenshaltungskosten verlangsamen würde, bislang nicht bewahrheitet, und viele Märkte haben Rekordergebnisse erzielt, fügt Buer an.

Deutsche Immobilien standen lange Zeit in der Gunst des internationalen Kapitals. Doch mit den Erschütterungen der letzten Jahre sei durch den Umgang mit der Covid-Pandemie oder der fortdauernden Konjunkturschwäche ein Umdenken bei Investoren erfolgt. Fakt ist, dass sich Deutschland schwertut, sein touristisches Potenzial voll auszuschöpfen, was auch daran liegen könnte, dass Deutschland – im Vergleich zu anderen Ländern in Südeuropa – sich noch immer auf einer Erholungskurve nach der Pandemie befindet.

So summierte sich das Investitionsvolumen auf Deutschlands Hotelimmobilienmarkt in den ersten drei Quartalen 2023 auf 514 Mio. Euro, was einem Rückgang von 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Neben einzelnen Hotelbetreibern wie Premier Inn waren die offenen Immobilienfonds die stärkste Käufer­gruppe. Der Fokus liegt auf strategischen Käufen, unter anderem auch von Hotelbetreibern und Value-add-Produkten, weiß Heidi Schmidtke, Managing Director der Hotels & Hospitality Group.

Leisure: Noch Nischenprodukt

Bislang ist das Interesse deutscher Investoren, ihre Portfolios in Richtung Leisure-Hotels auszurichten, sehr verhalten. Zu den wenigen aktiven Investoren in der deutschen Leisurehotellerie zählt Union Investment. Bereits im November 2022 hat der Immobilienfondsmanager der Gruppe das Marriott Bonvoy Autograph Collection Boutiquehotel am Tegernsee erworben – und damit den ersten Schritt des Unternehmens in den Resortmarkt markiert. Im Mai dieses Jahres hat sich die Gruppe mit dem Grand Palais das Hauptgebäude des Ferienhotelkomplexes Steigenberger Grandhotel im Seebad Heringsdorf auf Usedom gesichert. Diese Investments deuten darauf hin, dass die Fondsgesellschaft weiter selektiv in ihr Resort-Hotel-Portfolio investieren wird.

Auf einen Blick

Da die Zinssätze weiterhin so hoch bleiben dürften wird die Branche kreativer sein müssen, um ihre Projekte zu finanzieren. Daher ist mit einem Zustrom von Unternehmen und Fonds zu rechnen, die neu in die Branche einsteigen, um die Lücke zu schließen. Zum ersten Mal seit 2012 wurde in den ersten drei Quartalen keine Transaktion mit einem Volumen von über 100 Mio. Euro abgeschlossen. Die Branche ringt weiterhin mit ESG-Fragen, die wahrscheinlich die größte Herausforderung darstellen. Bislang tut sich die Branche noch schwer, diese Regelungen umzusetzen. 

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