Eishockey

US-Sport kämpft um Aufmerksamkeit: Rossi und das NHL-Gastspiel in Europa

Marco Rossi.
Marco Rossi.Reuters/Nick Wosika
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Die beste Eishockeyliga ist aktuell zu Gast in Europa. Nicht zuletzt die Partien von Österreichs NHL-Legionär Marco Rossi mit Minnesota Wild gegen Ottawa (Samstag) und Toronto (Sonntag) in Stockholm setzen einen Trend der großen nordamerikanischen Sportligen im Kampf um mehr Aufmerksamkeit fort.

Das Promotion-Gastspiel der National Hockey League (NHL) in Stockholm soll für Minnesota Wild die Wende in einer bisher enttäuschenden Saison einleiten. Minnesota ist mit drei Pleiten in Serie und sieben Niederlagen aus den jüngsten neun Spielen zu den Global Series angereist und will gegen die Ottawa Senators am Samstag (17 Uhr) und Toronto Maple Leafs am Sonntag (14 Uhr, beide live, Sky) aus dem Tief finden. „Wir haben nicht gut gespielt. Wir müssen das Ruder herumreißen. Vielleicht ist der Tapetenwechsel gut für uns“, sagte Bill Guerin, General Manager der Wild.

Der Vorarlberger Marco Rossi wird aufseiten Minnesotas wohl in der Toplinie stürmen. Der 22-Jährige hat sich in dieser Saison als Stammspieler etabliert, hält bei fünf Toren und drei Assists und ist damit in der Rookie-Wertung der Liga-Neulinge drittbester Torschütze.

Dylan Larkin (r.) und seine Detroit Red Wings eröffneten die Global Series in Stockholm gegen die Ottawa Senators.
Dylan Larkin (r.) und seine Detroit Red Wings eröffneten die Global Series in Stockholm gegen die Ottawa Senators.APA/AFP/Jonathan Nackstrand

In der schwedischen Hauptstadt sind insgesamt vier Mannschaften aus Nordamerika engagiert. Im ersten Spiel in der rund 14.000 Zuschauer fassenden Avicii Arena, besser bekannt als Globen, setzten sich die Ottawa Senators am Donnerstagabend gegen die Detroit Red Wings mit 5:4 nach Verlängerung durch. Am Freitag steigt das Duell der Red Wings mit den Toronto Maple Leafs, ehe am Wochenende dann Minnesota zweimal im Einsatz ist.

Das Kalkül der NHL

Mit der Global Series setzt die NHL die Gastspiele in anderen Kontinenten fort. Den Anfang machte am 4. und 5. Oktober 1997 Tokio, als die Anaheim Mighty Ducks und Vancouver Canucks die Fans mit zwei Partien auf die Olympia-Rückkehr der NHL-Profis 1998 in Nagano einstimmten. In Europa gastierte die Liga erstmals im September 2007 in London. In dieser Woche werden die „Auswärtsspiele“ 39 bis 42 ausgetragen, Stockholm wird dann 16 NHL-Partien und damit so viele wie keine andere Stadt außerhalb von Nordamerika ausgetragen haben. Zu Beginn der heurigen Saison erlebten die Fans erstmals auch in Australien NHL-Action, als die Arizona Coyotes und Los Angeles Kings am 23. und 24. September Vorbereitungsspiele in Melbourne austrugen.

Henrik Zetterberg (r.) sorgte einst im Dress von Detroit für Furore – und für viele Fans des Franchise in Schweden.
Henrik Zetterberg (r.) sorgte einst im Dress von Detroit für Furore – und für viele Fans des Franchise in Schweden.Unbekannt

Dass für die Reise nach Schweden Detroit, Toronto, Ottawa und Minnesota ausgewählt worden sind, ist kein Zufall. Über ein Dutzend schwedische Spieler stehen in den Kadern der vier Clubs, im Wild-Trikot haben Filip Gustavsson, Joel Eriksson Ek, Marcus Johansson, Jonas Brodin und der dritte Torhüter Jesper Wallstedt Heimvorteil. Auch Rossi hat familiäre Unterstützung vor Ort. Zudem spielten einst schwedische Legenden für Detroit (Nicklas Lidström, Henrik Zetterberg), Toronto (Börje Salming, Mats Sundin) und Ottawa (Daniel Alfredsson), die daher eine große Anhängerschaft im Land haben.

Die NHL agiert also mit Kalkül. Immerhin gilt es, sich trotz Vormachtstellung im weltweiten Eishockey gegen starke Konkurrenz zu behaupten. Der Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums tobt im Profisport. Nicht zuletzt die großen nordamerikanischen Ligen setzten deshalb immer mehr auf internationale Expansion.

NBA begeistert Mexiko – und kommt nach Paris

Die National Basketball Association (NBA) absolvierte erst vor rund einer Woche ein Spiel der Regular Season in Mexiko City. 20.000 Fans verfolgten einen 120:119-Sieg der Atlanta Hawks über Orlando Magic mit. In der Preseason hatten schon Vorbereitungsspiele in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Madrid stattgefunden. Am 11. Jänner kommt die beste Basketballliga der Welt dann erneut nach Europa. In Paris stehen sich die Brooklyn Nets und die Cleveland Cavaliers gegenüber.

Österreichs NFL-Legionär Bernhard Raimann war mit den Indianapolis Colts zu Gast in Frankfurt.
Österreichs NFL-Legionär Bernhard Raimann war mit den Indianapolis Colts zu Gast in Frankfurt.Gepa Pictures/ Matthias Trinkl

Wie man einen wahren Hype um seine Sportart auf einem anderen Kontinent auslöst, machte unlängst die National Football League (NFL) klar. Diese trug im November zwei Gastspiele in Deutschland aus. Rund 50.000 strömten bei den Spielen Kansas City Chiefs gegen Miami Dolphins und New England Patriots gegen Indianapolis Colts in Frankfurt jeweils ins Stadion, die Karten waren nach wenigen Minuten ausverkauft. Insgesamt hatte es sogar drei Millionen Ticketanfragen gegeben – bei Preisen von 75 bis 225 Euro. Die Kasse nicht minder klingeln ließen drei weitere internationale Auftritte der NFL-Teams im Oktober in London.

Der größte Konkurrent der NFL lauert vor der Haustür

Die NFL ist im American Football in finanzieller Hinsicht und in Sachen sportlicher Qualität weltweit konkurrenzlos. Das trifft in Europa auch auf das Zuschauerinteresse zu. Paradoxerweise hat die NFL aber ausgerechnet in den USA den härtesten Kampf um Aufmerksamkeit zu kämpfen. Denn College Football ist in weiten Teilen des Landes noch beliebter als die Profiliga – etwa in den Südstaaten. Dort füllen die jungen Amateursportler teilweise Stadien, bei denen NFL-Arenen im Vergleich eher klein wirken.

Jonah Heim gewann mit den Texas Rangers die diesjährige World Series.
Jonah Heim gewann mit den Texas Rangers die diesjährige World Series.Reuters/Matt Kartozian

Die Major League Baseball (MLB) galt in den USA früher als das Flaggschiff der großen Sportligen, inzwischen steckt sie jedoch in einer schweren Krise. Obwohl die Liga wirtschaftlich solide dasteht, scheint das professionelle Baseball den Anschluss an Football, Basketball und Co. zu verlieren. „Wenn Baseball nichts tut, dann wird die Sportart vermutlich noch in Jahren auf dem jetzigen Niveau weiterexistieren“, sagte etwa Rich Luker, ein Psychologe, der sich seit Langem mit dem demoskopischen Material rund um Baseball beschäftigt. „Aber in zwanzig Jahren wird man den Platz auf der Bildfläche verlieren.“

Wohl auch deshalb intensiviert die MLB den Export ihres Produkts. In der kommenden Saison sollen gleich sechs Spiele außerhalb der USA oder Kanadas ausgetragen werden: in Südkorea, Mexiko und Großbritannien. Erst ein Mal in der fast 150-jährigen Geschichte der Liga waren es mehr – nämlich acht im Jahr 2019. (stm)

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