Wegen Gaza-Krieg

Das gruselige Comeback von Osama Bin Laden in den US-Jugendzimmern

Die Presse Digital
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Ein alter Brief des Terrorpaten ging angesichts des Gaza-Kriegs viral und brachte auch den „Guardian“ und die chinesische Plattform TikTok in die Bredouille.

Zwölf Jahre ist es her, dass Osama Bin Laden in seinem Versteck in Pakistan erschossen wurde und noch länger, 21 Jahre, dass der Terrorpate in einem „Brief an das amerikanische Volk“ versucht hat, die 9/11-Anschläge auch mit Verweis auf die Lage in Palästina zu rechtfertigen. Aber in diesen Tagen erleben Bin Laden und sein altes Pamphlet ein Comeback. Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs wird die Hetzschrift des Massenmörders in den sozialen Netzwerken, insbesondere auf TikTok, neu entdeckt und offenbar auch von einem Teil des jungen amerikanischen Publikums zelebriert. „Warum die Generation Z plötzlich al-Qaida feiert“, titelte zum Beispiel der deutsche „Tagesspiegel“.

Bin Laden legt in dem Schreiben auch seine antisemitische Weltsicht dar. Er wettert gegen das „Finanzjudentum“ und er verknüpft die 9/11-Anschläge mit der Lage im Nahen Osten. „Palästina steht seit Jahrzehnten unter Besatzung und keiner eurer Präsidenten hat darüber vor dem 11. September geredet“, schreibt er an einer Stelle. Hier ziehen nun einige Nutzer eine Parallele zum Hamas-Terror vom 7. Oktober.

„Guardian“ löscht Link

Die Angelegenheit stürzt auch die britische Zeitung „The Guardian“ in ein Dilemma. Sie hatte Bin Ladens Brief einst im Wortlaut veröffentlicht. Der Link auf TikTok ging nun viral. Der „Guardian“ löschte den Text und begründete das auch damit, dass das Transkript in den sozialen Netzwerken vielfach ohne den gesamten Kontext verbreitet wurde: „Deshalb haben wir uns entschieden, den Text von unserer Seite zu nehmen und Leser stattdessen zu Artikeln weiterzuleiten, die den Brief in Kontext setzen.“

Ein Teil des Publikums auf TikTok waren offenbar junge Amerikaner, die den Brief jedenfalls in Einzelfällen als „augenöffnend“ beschrieben haben oder behaupteten, dass er ihre Sicht auf die Welt für immer verändert habe. Auch deshalb und vor dem Hintergrund der großen geopolitischen Rivalität stürzten sich US-Politiker auf die chinesische Plattform: „TikTok treibt eine Pro-Terror-Propaganda voran, um Amerikaner zu beeinflussen“, klagte zum Beispiel der Demokrat Josh Gottheimer auf X.

Die Betreiber von TikTok redeten die Sache eher klein. Es habe nur eine geringe Zahl an Videos gegeben, die auch klar gegen die Regeln verstoßen hätten. Insgesamt sollen Aufnahmen mit dem Hashtag „lettertoamerica“ 15 Millionen Mal angesehen worden sein. Der Hashtag wurde mittlerweile gesperrt.

Der Text dürfte freilich weiter zirkulieren. Das Internet vergisst nicht.

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