Länderspiel

Österreich schlägt Deutschland: Über verkehrte Fußballwelten

Grenzenloser Jubel: Christoph Baumgartner besorgte den zweiten Treffer für die ÖFB-Elf.
Grenzenloser Jubel: Christoph Baumgartner besorgte den zweiten Treffer für die ÖFB-Elf.GEPA pictures / Edgar Eisner
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Österreich bezwingt Deutschland im Test-Hit nicht nur mit 2:0, sondern ist auch die klar bessere Mannschaft. Ralf Rangnicks Arbeit trägt erstaunliche Früchte.

Sofern man sich beim Österreichischen Fußballbund zu Beginn des Jahres ein Wunschszenario vor dem Anpfiff des letzten Länderspiels 2023 ausgemalt haben sollte, dann ist es Dienstagabend eingetreten. Der große Bruder Deutschland gastierte im Happel-Stadion, das selbstverständlich bis auf den letzten der 46.000 Plätze gefüllt war. Die Vorfreude auf den Tribünen und auf dem Rasen war grenzenlos. Beim Abspielen der Hymne strahlten Michael Gregoritsch und Alexander Schlager wie zwei Kinder nach dem Auspacken der Weihnachtsgeschenke. Gänsehaut pur. Viel mehr geht nicht.

Der für Österreicher ewig junge Klassiker – für Deutsche ist er das übrigens nicht – versprach sportlich viel Brisanz. Deutschland musste angesichts der angespannten Stimmung sieben Monate vor Beginn der Heim-EM gewinnen, Österreich wollte. Über die Rollenverteilung durfte tatsächlich diskutiert werden. Wobei, Österreich wird nüchtern betrachtet in diesem Leben nicht mehr gegen Deutschland Favorit sein.

Weil die Entwicklung unter Teamchef Ralf Rangnick aber wahrlich vielversprechend ist, die Mannschaft ihr Potenzial immer öfters abruft und an sich glaubt, rechnet sich Österreich selbst in Spielen gegen lange Zeit als unschlagbar geltende Fußballnationen etwas aus. Genau diesen Optimismus trägt die ÖFB-Elf konsequent hinaus auf den Platz, tat das auch gegen Deutschland.

Österreich hat einen Plan

Christoph Baumgartners Chance in der zweiten Minute war das erste Signal der Gastgeber an den vierfachen Weltmeister. Die Österreicher taten das, was ihnen der Deutsche Rangnick in den vergangenen eineinhalb Jahren beigebracht hat. Sie liefen unermüdlich, störten den Gegner früh beim Versuch des Spielaufbaus, spielten schnell und schnörkellos in die Spitze. Kurzum: Man hatte einen Plan.

Das Rangnicksche Pressing führte zu etlichen Ballgewinnen. Während verunsicherte Deutsche nach Stabilität und Ordnung in ihrem Spiel suchten, fand Österreich immer wieder den gegnerischen Strafraum. Gregoritsch hatte die Führung in der 17. Minute auf dem Fuß. Nach einem perfekten Zuspiel von Außenverteidiger Stefan Posch über die halbe deutsche Mannschaft lief der Freiburg-Legionär allein auf Torhüter Kevin Trapp zu – und schoss ihn kurz darauf an. Nicht wenige dachten sich in diesem Augenblick: Arnautovic hätte den gemacht.

Die Österreicher versanken nicht in Selbstmitleid. Sie liefen und spielten weiter, waren die bessere Mannschaft. Die Belohnung folgte in Minute 29: Nach einem mustergültigen Angriff über vier Stationen schloss Marcel Sabitzer mit einem Schuss ins kurze Eck zum 1:0 ab. Baumgartner hätte kurz vor der Pause fast noch sehenswert per Schlenzer auf 2:0 erhöht.

Verzweiflung da, Euphorie dort

Deutschlands Teamchef Julian Nagelsmann reagierte zur Halbzeit, erhoffte sich mit der Einwechslung von Routinier Thomas Müller einen spielerischen wie emotionalen Turnaround. Was Nagelsmann sah, war, wie sich der deutsche Frust in einer einzigen Aktion entlud. Nach einer Tätlichkeit von Leroy Sane gegen Philipp Mwenes (Schlag ins Gesicht) spielte die DFB-Elf ab der 49. Minute nur noch zehnt.

Der nervöse Nagelsmann gestikulierte wild in der Coachingzone, während Rangnick zufrieden und in aller Ruhe das Geschehen auf dem Rasen verfolgte. Es waren doch irgendwie verkehrte Fußballwelten. Christoph Baumgartners Treffer zum 2:0 in der 73. Minute passte perfekt in das Drehbuch dieses Spiels, das die ÖFB-Auswahl aufgrund der Chancen sogar noch höher hätte gewinnen können. Die EM kann kommen. Für Österreich, nicht für Deutschland.

ÖFB-Fahrplan

Am 2. Dezember steigt in Hamburg die Auslosung der sechs EM-Gruppen. Österreich wird für die von 14. Juni bis 14. Juli stattfindenden Endrunde aus dem zweiten von vier Töpfen gezogen. Vor dem Turnier stehen noch vier Testspiele an (zwei im März, zwei im Juni).

Die Testspielgegner, Rangnick wünscht sich möglichst hochklassige, werden erst nach der Auslosung fixiert.

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