Parlamentswahl

Rechtspopulist Wilders Wahlsieger in den Niederlanden

PVV-Führer Gert Wilders ist auf eine Zweier-Koalition angewiesen.
PVV-Führer Gert Wilders ist auf eine Zweier-Koalition angewiesen.Imago / Remko De Waal
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Die Partei von Geert Wilders, die PVV, dürfte auf 37 der 150 Sitze in der Zweiten Kammer des Parlaments kommen. Dahinter folgt ein Bündnis aus Sozialdemokraten und Grünen sowie die Partei des scheidenden Premiers Rutte. „Auf Muslime kommt eine schwierige Zeit zu“, sagt der Verband der Muslime in den Niederlanden.

Der Rechtspopulist Geert Wilders ist einer ersten Hochrechnung zufolge der große Wahlsieger der Parlamentswahl in den Niederlanden. Die PVV kommt nach der jüngsten Hochrechnung auf 37 Sitze der 150 Mandate in der Zweiten Kammer des Parlaments. Das meldet die Nachrichtenagentur ANP am Donnerstag. Er verdoppelt damit sein Ergebnis der vorigen Wahl von 2021. Diese Hochrechnung beruht auf fast 94 Prozent der ausgezählten Stimmen.

An zweiter Stelle kommt demnach das rot-grüne Bündnis mit 25 Mandaten, ein Gewinn von zehn. Die bisherige rechtsliberale Regierungspartei VVD des scheidenden Premiers Mark Rutte mit der Spitzenkandidatin Dilan Yesilgöz erzielt nach der Hochrechnung nur noch 24 Mandate, und verliert acht. Die erst vor wenigen Wochen gegründete Partei des ehemaligen Christdemokraten Pieter Omtzigt, der Neue Soziale Vertrag (NSC), kommt auf Anhieb auf 20 Sitze.

Der Rechtsaußenpolitiker Wilders kündigte an, dass er nun auch regieren wolle. Doch für eine Mehrheit braucht er mindestens zwei Parteien - und es ist fraglich, ob er tatsächlich Partner für eine Koalition finden kann.

Wilders will Klimaschutz als politisches Ziel abschaffen

„Das Signal, das der niederländische Wähler nun gibt, ist: Es muss anders werden“, sagte Wilders am späten Mittwochabend. „Die Niederländer müssen wieder Nummer eins sein.“ In seinem Parteiprogramm fordert der 60-Jährige, Moscheen und den Koran zu verbieten und spricht sich für den Nexit aus - den Austritt der Niederlande aus der EU. Auch will er die Grenzen schließen, Flüchtlinge und Arbeitsmigranten nicht mehr ins Land lassen und Klimaschutz als politisches Ziel abschaffen.

Jubel auch beim rot-grünen Bündnis.
Jubel auch beim rot-grünen Bündnis.APA / AFP / Phil Nijhuis

Der Wahlsieg der mit islam- und ausländerfeindlichen Parolen punktenden PVV in den als liberal geltenden Niederlanden schockte viele etablierte Parteien. Nicht nur Flüchtlingsorganisationen und muslimische Verbände reagierten entsetzt. „Als praktizierender Muslim mache ich mir Sorgen“, sagte Muhsin Köktas, Vorsitzender eines muslimischen Interessenverbands, am Donnerstag im niederländischen Fernsehen. „Ich hatte dieses Ergebnis wirklich nicht erwartet. Auf Muslime kommt eine schwierige Zeit zu.“

Harald Vilimsky gratuliert Wilders „herzlich“

Andere Rechtspopulisten in Europa hingegen bejubelten Wilders‘ Triumph. „Ich freue mich und gratuliere herzlich!“, schrieb der FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Harald Vilimsky, im Kurznachrichtendienst X (Twitter). „Herzlichen Glückwunsch zu diesem großen Erfolg. Ganz Europa will die politische Wende!“, schrieb AfD-Chefin Alice Weidel. Auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban und die französische Rechtsnationalistin Marine Le Pen gratulierten Wilders. „Die Winde des Wandels sind da!“ („The winds of change are here!“, gratulierte Orban.

Doch noch ist ungewiss, ob er wirklich Erfolg haben wird mit seinem Aufruf an Parteien des rechten Spektrums, mit ihm zusammenzuarbeiten. „Ich glaube, dass wir jetzt alle über unseren Schatten springen müssen“, so Wilders. Auf keinen Fall dürfe der Wählerwille ignoriert werden.

Neue Zentrumspartei zeigt Bereitschaft zur Zusammenarbeit

Schon am Wahlabend hatte der Chef der neuen Zentrumspartei NSC Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert. Und auch VVD-Chefin Yesilgöz scheint nicht abgeneigt. Erst einmal sei nun Wilders am Zug, sagte sie: „Wir werden das in der Fraktion gut abwägen. Dann schauen wir, wohin das führt.“

Wilders zeigte sich sehr bemüht, Ängste vor einem zu radikalen Vorgehen seiner Partei zu zerstreuen. Er wolle ein „Premier aller Bürger sein“. Die von ihm angestrebte Zwangsschließung von Moscheen sei aktuell kein Thema, versicherte er. Priorität habe jetzt, den „Asyl-Tsunami“ zu begrenzen.

Wilders-Wähler haben laut Umfrage Angst vor Veränderungen

Im Endspurt des Wahlkampfes hatte Wilders in den Umfragen zugelegt und die Favoritin Yesilgöz abgehängt. Viele sehen die rechtsliberale Frontfrau als mitverantwortlich dafür an. Sie habe Wilders endgültig salonfähig gemacht, meinen Kritiker. Während Yesilgöz eine Koalition mit Wilders nicht ausgeschlossen hatte, war ihr Parteifreund Rutte stets als vehementer Gegner eines Bündnisses aufgetreten.

Umfragen haben mehrfach ergeben, dass Wilders-Wähler ihre Zukunft tendenziell pessimistisch einschätzen und Angst vor Veränderungen haben. Sie wohnen häufig in stagnierenden Industriegebieten oder auf dem Land, wo die Jungen wegziehen. Zu Wilders‘ Parolen gehört deshalb nicht nur „Der Islam gehört nicht zu den Niederlanden“, sondern auch „Mehr Personal in der Pflege“ und „Niedrigere Mieten und Steuern“. Diese Mischung aus rechten Parolen und klassisch linken Forderungen betrachten Politologen als sein Erfolgsrezept. Eine weitere Besonderheit: Wilders‘ Partei hat nur ein einziges Mitglied - ihn selbst. So will er verhindern, dass ihn andere überstimmen und selbst das Zepter übernehmen könnten. (APA)

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