Nach der Wahl

Niederlande: Bisherige Regierungspartei will in Opposition, Regierungsbildung extrem erschwert

VVD-Chefin Dilan Yesilgoz-Zegerius und der große Wahlsieger, Geert Wilders (vorne).
VVD-Chefin Dilan Yesilgoz-Zegerius und der große Wahlsieger, Geert Wilders (vorne).APA / AFP / Sem Van Der Wal
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Die Chefin der Volkspartei, Dilan Yesilgoz-Zegerius, will wegen des Absturzes bei der Parlamentswahl eine Regierungsbeteiligung meiden. Damit würden aber Wahlsieger Geert Wilders oder der Linksbund aus Grünen und Arbeitspartei kaum eine tragfähige Regierung formen können.

Nach dem großen und signalhaften Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders in den Niederlanden vom Mittwoch hat die noch amtierende rechtsliberale Volkspartei VVD eine erneute Teilnahme an einer Regierung ausgeschlossen. Man werde angesichts der großen Verluste nicht in eine Koalition zurückkehren, sagte die kurdisch/türkischstämmige Parteichefin Dilan Yesilgöz am Freitag in Den Haag. Die VVD sei aber bereit, eine Minderheitsregierung von Wilders zu tolerieren.

Alle Fraktionsvorsitzenden beraten heute, Freitag, in Den Haag mit der Parlamentsvorsitzenden über das weitere Vorgehen nach dem Wahlergebnis. Der Wahlsieger Wilders ist nun am Zug, einen Sondierer zu ernennen. Der muss prüfen, welche Parteien eine mehrheitsfähige Koalition bilden können. Wilders braucht mindestens zwei Parteien für eine Mehrheit, und dazu gehörte nach bisheriger Einschätzung die Volkspartei.

Ungewöhnlicher großer Sieg

Die extrem rechte Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders hatte 37 der 150 Parlamentssitze gewonnen, ein für niederländische Verhältnisse ungewöhnlich großer Sieg. Die VVD des scheidenden Premiers Mark Rutte kam nur auf 24 Mandate, ein Verlust von zehn. Sie liegt damit noch hinter dem linksliberalen Bündnis aus Sozialdemokraten und Grünen, das den früheren Außenminister, EU-Kommissar und EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans (62) als Spitzenkandidaten aufgestellt hatte, es bekam 25 Sitze in der Zweiten Kammer des Parlaments.

Yesilgöz hatte im Wahlkampf eine Zusammenarbeit mit Wilders nicht ausgeschlossen, dessen Positionen etwa bei Migration und Sicherheit sie teilweise nicht fernsteht, sehr wohl aber Timmermans eine mit Wilders. Als ein möglicher Koalitionspartner für Letzteren drängt sich zumindest die zentristische Partei „Gesellschaftsvertrag“ (NSC) des früheren VVD-Politikers Pieter Omtzigt (49) auf, sie hat 20 Sitze, wohl auch die grün-konservative Bauer-Bürger-Bewegung (acht Sitze). Für eine Mehrheit braucht Wilders aber 76 Sitze, das scheint ohne VVD kaum erreichbar; für den Linksbund gilt das allerdings noch mehr.

(Illegale) Migration, das Thema

Wilders hatte, obwohl er sich im Wahlkampf „milde“ gab und nicht allzu heftig das Migrationsthema ansprach, letztlich ganz wesentlich mit diesem gewonnen. Auch die Niederlande (rund 18 Millionen Einwohner), ein traditionell weltoffenes und einwanderungsfreundliches Land mit erheblichen Bevölkerungsanteilen etwa an Indonesiern, Surinamern, Türken, Menschen mit afrikanischem und nahöstlichem und natürlich mit europäischem Hintergrund, kämpfen seit Jahren zunehmend mit den bekannten, oft verdrängten Problemen der (illegalen) Masseneinwanderung und Nicht-Integration. Die Stimmung ist daher schon seit Längerem gekippt.

Linke Demo in Amsterdam gegen Geert Wilders.
Linke Demo in Amsterdam gegen Geert Wilders.Imago / Ramon Van Flymen

Unterdessen demonstrierten Hunderte Menschen in mehreren Städten des Landes gegen Diskriminierung, Rassismus und Islam-Hass. In Amsterdam hatten sich bereits am Donnerstagabend einige Hundert Menschen auf dem Dam, dem zentralen Platz in der Innenstadt, versammelt. Sie warnten vor Fremdenfeindlichkeit. Die letztlich nicht allzu große Kundgebung hatte zunächst als Demonstration für die Rechte der Palästinenser und gegen die Angriffe von Israel auf den Gazastreifen begonnen. (APA/DPA/red.)

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