Literatur

Die besten Bücher 2023: Unsere Empfehlungen für die Weihnachtszeit

Was lesen? Und vor allem auch: Was schenken? Literaturkritiker der „Presse“ geben Tipps.
Was lesen? Und vor allem auch: Was schenken? Literaturkritiker der „Presse“ geben Tipps. Getty Images/iStockphoto
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Von gewitzten Frauen und eisernen Adligen, wohlerzogenen Gaunern, despotischen Lehrern, Nazi-Gattinnen und Überlebenskünstlern: Diese Bücher haben wir heuer wirklich mit Begeisterung gelesen.

Zadie Smith über einen Hochstapler

Schiffbruch! Geld! Ein lange verschwundener Erbe! Oder ein Hochstapler? Der – historisch verbürgte – Gerichtsfall aus dem London des 19. Jahrhunderts ist spannend genug. Kein Wunder, dass er Schlagzeilen machte. Was weniger nachvollziehbar ist: warum dies Arm und Reich entzweite und fast zu Aufständen führte. Um das zu erklären, braucht es Zadie Smith. Sie tut das, zart zupackend und immer weitersuchend, über Eliza Touchet, eine sehr unvoreingenommene Beobachterin des Prozesses. Und schafft damit das Porträt einer gewitzten, tatkräftigen Frau, die ein Opfer der Zeit ist – und gleichzeitig privilegiert. (best)

Zadie Smith: „Betrug“. Kiepenheuer & Witsch, 528 S., geb., € 27,50.

Ein Netz aus Missgunst und Neid

Mit leichter Hand, aber viel Tiefgang schildert Gianrico Carofiglio in seinem jüngsten Roman „Groll“ ein Italien, dessen Menschen in ein dichtes Netz aus Missgunst, Neid und Existenzangst gefangen sind. Wer nicht dem vorgegebenen Trott folgt, wie etwa Titelheldin Penelope, wird rasch an den Rand einer Gesellschaft gedrängt, die vor allem durch die Abneigung gegen jene zusammengehalten wird, die sie zu Außenseitern erklärt hat. Doch wenn sich dort am Rand zwei Seelen finden, keimt auch hier manchmal ein kleines Pflänzchen auf. (GAR)

Gianrico Carofiglio: „Groll“. Folio Verlag, 240 Seiten, 25,95 Euro.

Mörderjagd mit Wombat

Sein siebenter Fall könnte tatsächlich sein letzter sein, denn Markus Cheng scheint gegen den bösartigen Tumor in seinem Kopf chancenlos zu sein. In „Gemälde eines Mordes“ lässt Heinrich Steinfest seinen unnachahmlichen, einarmigen Privatdetektiv aber noch einmal groß aufspielen und schickt Cheng und die patente Frau Wolf auf die Suche nach einem verschwundenen Wombatforscher. Daraus wird bald die Jagd auf einen internationalen Attentäter. Eine feines Leseerlebnis voll findiger Beobachtungen und treffsicherer Sprache.  (DO)

Heinrich Steinfest: „Gemälde eines Mordes“, Piper-Verlag, 280 Seiten, 18,95 Euro.

Der Uhrmacher des Unglücks

Mit dem Alpen-Western „Das finstere Tal“ wurde der deutsche Journalist und Autor Thomas Willmann bekannt, mit „Der eiserne Marquis“ legt er sein Opus Magnus vor. Willmann lässt seinen jungen Ich-Erzähler die Freuden der Liebe und die Schrecken des Krieges erleben und bringt ihn zur Meisterschaft in allen mechanischen Dingen. Als ein reicher Marquis den jungen Mann anheuert, schwant ihm bald, dass ihm hier wahrlich Unmenschliches abverlangt werden könnte. All dies erzählt Thomas Willmann in der Sprache des 18. Jahrhunderts: eine opulente literarische Kammer der Wunder und der Schrecken. (DO)

Thomas Willmann: „Der eiserne Marquis“, Liebeskind-Verlag, 928 Seiten, 37,95 Euro

Morde an Nazi-Ehefrauen

Der Franzose Jean-Christophe Grangé hat mit „Die marmornen Träume“ einen großen Kriminalroman geschrieben, der im Berlin der 1930er-Jahre spielt und den Irrsinn jener Zeit offenbart. Der Angriff der Deutschen auf Polen steht kurz bevor, als die Ehefrauen hochrangiger Nazi-Funktionäre, die in einem elitären Klub im Luxus-Hotel Adlon verkehren, auf bestialische Weise ermordet werden. Grangé brilliert mit der psychologischen Analyse einer schwer verstörten Gesellschaft, die sogar in ihren Träumen von den monströsen Auswüchsen des Regimes heimgesucht wird. (phu)

Jean-Christophe Grangé: „Die marmornen Träume“, übersetzt von Ina Böhme, Tropen Verlag, 680 Seiten, 26,80 Euro.

Der Gast benimmt sich daneben

(c) Hanser

Es ist ein einfacher Deal. Alex, 22 Jahre alt, lässt sich einen Sommer lang aushalten. Wohlverhalten und Sex gegen hübsche Kleider und ein Dach überm Kopf. Doch als sie sich von einem anderen in den Pool werfen lässt, steht sie ohne Geld da. Und schwindelt sich durch. Emma Cline erzählt in „Die Einladung“ von einer Überlebenskünstlerin, die etwa Nannys vorspielt, sie sei eine Freundin der Familie, und sich dann, mit einem fremden Kind an der Hand, in einen Club einschleicht. Und die im entscheidenden Moment doch grob falsche Entscheidungen trifft. Ein rasantes Buch über Illusionen und Abgründe.  (best)

Emme Cline: „Die Einladung“. Hanser Verlag, 317 Seiten, 27,50 Euro.

Keine Tabletten für Junior

Das kann nicht gut gehen. Schon nach wenigen Seiten beschleicht einen dieses Gefühl, und es täuscht nicht. Henry steht mit seinem achtjährigen Sohn in einer McDonald‘s-Filiale, er hat nur noch 89,34 Dollar in der Tasche, Kreditkarte besitzt er keine, tatsächlich ist das sein einziges Vermögen. Eine Menge Schulden hat er angehäuft und eine mehrjährige Gefängnisstrafe hinter sich: keine Wohnung, kein Geld und kein Job – Jakob Guanzons Roman „Überfluss“ erzählt von den Ausgespuckten der US-amerikanischen Gesellschaft, die kaum mehr Chancen auf ein selbstständiges Aus- und Weiterkommen haben. (lin)

Jakob Guanzon: „Überfluss“. Verlag Elster & Salis 384 S., geb., € 25,90.

Auf fatale Weise verbunden in Nigeria

(c) Piper

Eniola wird vom Direktor ausgepeitscht, weil seine Eltern das Schulgeld nicht zahlen können, und gerät in die Fänge eines korrupten Politikers. Wuraola will ihre Fachärztinnenausbildung in einer anderen Stadt machen, ihr Verlobter ist aber dagegen – bald wird er sie schlagen. Ausgehend von zwei Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und deren Geschichten sich auf fatale Weise verbinden, entwirft Ayòbámi Adébáyò einen brilliant erzählten Gesellschaftsroman über das gegenwärtige Nigeria. (eu)

Ayòbámi Adébáyò: „Das Glück hat seine Zeit“. Piper, 496 Seiten, geb., 27,50 Euro.

Zugfahrt in die Vergangenheit

Ein kleines Mädchen, Harriet, sitzt mit ihrem Vater im Zug in das schwedische Kaff Malma. Auch Oskar ist auf dem Weg dorthin, mit seiner Frau, die er am Vorabend einer riesengroßen Lüge überführt hat. Im Zug sitzt auch Yana, eine junge Frau, die Antworten auf viele offene Fragen ihrer Familiengeschichte zu finden hofft. Alex Schulman, dank der sehr überzeugenden Romane „Verbrenn all meine Briefe“ und „Die Überlebeden“ Schwedens Literatur-Shootingstar, enttäuscht auch in seinem, jüngsten Roman „Endstation Malma“ nicht. Schulmans charakteristische Themen – die fehlende Liebe der Eltern zu ihren Kindern, einschneidende Ereignisse, die auch nachfolgende Generationen noch prägen, kehren auch in dieser Erzählung wieder. Intensiv, beklemmend und mitreißend. (mpm)

Alex Schulman: „Endstation Malma“. Dtv, 320 Seiten, 22,50 Euro.

Die Zuckerpuppe aus der Vorstadttruppe

Die kanadische Autorin Margaret Laurence wird dank des Eisele-Verlags gerade auch im deutschen Sprachraum wiederentdeckt. „Das Glutnest“ erzählt vom Leben der Familie MacAindra im Jahr 1969, allen voran von der großherzigen, trotzigen und wütenden Stacey. Die Hausfrau und Mutter von vier Kindern ist soviel mehr als sie selbst denkt. „Du schaffst das, Zuckerpuppe“, lautet der Spruch, mit dem sie sich, etwas sarkastisch, gern Mut zuspricht. Stacey bezaubert mit ihrem schrägen Humor und ihrer Widerständigkeit nicht nur die Leser, sondern wird auch für ihre Familie zum Rettungsanker. (DO)

Margaret Laurence: „Das Glutnest“. Eisele-Verlag, 360 Seiten, 26,50 Euro.

Zwiespalt im Berliner Künstlermilieu

Leila leidet. Sie ist gefangen zwischen Glamour und Unglück, zwischen Überheblichkeit und Selbsthass. Eine undurchsichtige Drehbuchautorin im Berliner Künstlermilieu, auf der Suche nach der eigenen Bestimmung. Eine Schreibblockade treibt Leila in den Rausch, und bald will sie auch andere leiden sehen. Klassische Identifikationsfigur ist die Protagonistin von Nora Haddadas Debütroman keine und trotzdem versucht man ihr zwielichtige Tun beim Lesen zu begreifen. Ein raffiniertes Erstlingswerk über die Untiefen der eigenen Szene. (evdin)

Nora Haddada: „Nichts in den Pflanzen“, Ecco-Verlag, 236 Seiten, 24 Euro.

Der Mann, der den Eiffelturm verkaufte

Der Victor Lustig, der einem in Bastian Kressers elegantem Roman „Als mir die Welt gehörte“ entgegentritt, ist ein Gauner und ein Gentleman, vom Zylinder aus edlem Filzwollstoff bis zu den blank polierten Maßschuhen. Und er ist ein unverlässlicher Erzähler, der seine Leser gern auf falsche Fährten lockt. Die (wahre) Geschichte des Fälschers und Trickbetrügers Victor Lustig, der gleich zwei Mal versuchte, den Eiffelturm an den meistbietenden Pariser Schrotthändler zu verkaufen, und der 1947 im Gefängnis von Alcatraz starb, ist ein Geschenk für jeden Schriftsteller: „Ein Leben wie meines gibt es, so darf ich behaupten, kein zweites Mal.“ Der Österreicher Bastian Kresser erweist sich dessen als durchaus würdig. (DO)

Bastian Kresser: „Als mir die Welt gehörte“ . Braumüller Verlag, 350 S., 26,95 Euro.

Manhattan in den 50er Jahren

Mit einem Kind durch das New York der Fünfzigerjahre streunen, Kunstausstellungen besuchen, einen interessanten Mann auf der Straße kennenlernen und Fotos mit der Rolleiflex schießen: Lisa spaziert durch die Straßen Manhattans, ihre eigene Tochter Kathi ist zu Hause bei den Großeltern im Nachkriegsösterreich geblieben. Aber warum? Evelyn Schlag spielt mit diesem Buch wieder eine ihrer großen Stärken aus: interessante Figuren in ein spannendes Umfeld zu werfen und ihre Beziehungen zueinander mit feinen Bildern und witzigen Dialogen auszuloten. (lin)

Evelyn Schlag: „Please Come Flying“. Hollitzer Verlag, 358 S., geb., 24 Euro.

Graphic Novel: Anderssein und Dazugehörenwollen

Wenn einer als Sohn eines taiwanesischen Vaters und einer Mutter aus Hongkong in Kalifornien geboren wird, dann kann er was erzählen: vom Leben zwischen den Welten, vom Anderssein und vom Dazugehörenwollen, von der Entfremdung in einer Umgebung, die ihm doch nichts weniger als fremd ist. Gene Luen Yang hat seine einschlägigen Erfahrungen in eine Graphic Novel gepackt. Übrigens wurde der Stoff auch als TV-Serie adaptiert, zu sehen auf Disney+. (wf)

Gene Luen Yang: „American Born Chinese“. Cross Cult, Ludwigsburg, 240 S., € 35.

Britischer Cozy Crime für Winterabende

Es könnte so friedlich und beschaulich sein im englischen Städtchen Marlow, aber dann wäre Mrs Potts wohl ziemlich langweilig. Da kommt es der älteren Dame mit Faible für Kreuzwort- und sonstige Rätsel gerade recht, dass Sir Peter Bailey am Tag vor seiner Hochzeit in seinem Arbeitszimmer tot aufgefunden wird. Der Raum war von innen versperrt, die Fenster verschlossen, die Polizei glaubt an einen Unfall. Mrs Potts nicht. Und schon nimmt der mit feinem britischen Humor durchzogener zweite Teil der Krimireihe von Robert Thorogood (der Erfinder der TV-Reihe „Death in Paradise“) seinen Lauf. Stimmiger, netter Whodunnit für Fans des Cozy Crime. (mpm)

Robert Thorogood: „Mrs Potts‘ Mordclub und der tote Bräutigman“. Kiwi, 400 Seiten, 14 Euro.

Spaß mit Rache an den Südstaatlern

Wie geht das denn zu? Ein Toter nach dem anderen wird aufgefunden, im ach so friedlichen Städtchen Money, wo die Welt noch „in Ordnung“, also weiß ist. Alle wurden sie dermaßen grausam ermordet, dass die Hinterbliebenen eine Weile damit zu tun haben, das Blut aus den Badezimmerfugen zu entfernen. Rätselhaft: Gleich neben den Leichen findet sich jeweils ein Schwarzer, ebenfalls tot. Aber wieso verschwindet er immer wieder aus der Leichenhalle und taucht beim nächsten Tatort wieder auf? Percival Everett rollt einen alten Lynchmord auf - und macht daraus eine Groteske über eingefleischten Rassismus samt Donald Trump mit Kaugummi in den Haaren und vertrottelten Ku-Klux-Klan-Treffen. (best)

Percival Everett: „Die Bäume“. Aus dem Englischen übers. von Nikolaus Stingl. Hanser Verlag, 248 S., 26,90 €.

Erinnerungsgänge in Versform

Der Geruch nach Großmutters Handtüchern, krachende Semmeln, das Klopfen des Rasenmähers. Es beginnt als bittersüße Kindheitserinnerung an verlorene Zeiten im Salzkammergut. Doch ehe es allzu melancholisch wird, lässt Sophia Lunra Schnack ihre Protagonistin die Eisdecke jahrzehntelangen Schweigens in der Familie durchbrechen. Dafür unternimmt sie mehrere Erinnerungsgänge, einen davon mit den Memoiren des Urgroßvaters, der nach Ende des 2. Weltkriegs interniert und als „Minderbelasteter“ eingestuft wurde. Überwiegend in Versform geschrieben, ist „feuchtes holz“ einer der ungewöhnlichsten und aufregendsten Romane des Jahres. (eu)

Sophia Lunra Schnack: „feuchtes holz“. Otto Müller Verlag 320 S., geb., € 26,95.

Graphic Novel: Wie die Türkei zum autoritären Staat wurde

Es soll in der Türkei Zeiten gegeben haben, in denen es nicht gleich Kopf und Kragen kostete, den amtierenden Ministerpräsidenten als Frosch zu zeichnen. Oder als Affen. Aber diese Zeiten sind seit Längerem vorbei. Ersin Karabulut hat sie in seinen Anfangsjahren als Comicautor in Istanbul erlebt, hat erlebt, wie jener Ministerpräsident, ein gewisser Recep Tayyip Erdoğan, schließlich Präsident und die Türkei ein autoritär geführter Staat wurde. (wf)

Ersin Karabulut: „Tagebuch der Unruhe“. 152 S., € 25. Carlsen.

Die Leben lässt sich nicht berechnen

Die junge deutsche Autorin Caroline Wahl hat mit „22 Bahnen“ einen Überraschungserfolg hingelegt. Sehr zügig und direkt erzählt Wahl von der hochbegabten Mathematik-Studentin Tilda, die für sich und ihre kleine Schwester Ida sichere Ort errichtet, in die ihre alkoholkranke Mutter nicht eindringen kann. Dazu zählt auch das Schwimmbad, in dem Tilda immer genau 22 Bahnen schwimmt und in das Ida nur geht, wenn es regnet. Dort trifft Tilda auch ihren ehemaligen Schulkollegen Ivan wieder, genauso klug wie sie und genauso verwundet. Und dann zeigt sich, dass man im Leben zwar vieles abzählen kann, berechnen aber lässt es sich nicht.  (DO)

Caroline Wahl: „22 Bahnen“,.Dumont-Verlag, 204 Seiten, 22,70 Euro.

Die größere Trauer

Ein bewegendes Werk ist Sepp Mall mit dem Roman „Ein Hund kam in die Küche“ gelungen. Er erzählt die Geschichte einer Südtiroler Familie mit einem behinderten Sohn, die 1939 für Deutschland (Hitler) und gegen Italien (Mussolini) optiert. Die Wahl zwischen Pest und Cholera kann nicht aufgehen. Mit den sparsamen Worten des gelernten Lyrikers erzielt Mall tiefe Wirkung. Das war immer schon die Stärke der Dichter des Landes zwischen Etsch und Eisack, über das der große Norbert C. Kaser schrieb: „alto adige/alto fragile//reiseland/durchgangsland/niemandsland“. (GAR)

Sepp Mall: „Ein Hund kam in die Küche“. Leykam Verlag, Graz 2023, 192 Seiten, 25,50 Euro.

„Es war die Hölle, du Idiot“

Es zahlt sich aus, nachzulesen, warum Tonio Schachinger mit „Echtzeitalter“ den Deutschen Buchpreis gewonnen hat. Darin beschreibt Schachinger den teilweise höchst unlustigen Schulalltag in der Wiener Eliteschule Marianum (=Theresianum). Der Schüler Till Kokorda flüchtet vor seinem despotischen Klassenvorstand Bruno Dolinar ins Gaming, wo er es in „Age of Empires“ bald zur internationalen Meisterschaft bringt. Schachinger erzählt in „Echtzeitalter“ in schnörkelloser Sprache vom Unglück des privilegierten Kindes. Ein Buch mit Breitenwirkung, auch für männliche Nichtleser unter 30. (DO)

Tonio Schachinger: „Echtzeitalter“. Rowohlt-Verlag, 368 Seiten, 25,50 Euro.

Terror in der Ehe

Marta steht am Grab ihres Mannes und nimmt die Beileidsbekundungen der Trauergäste entgegen. Sie sagen, Martas Mann, Maksym, war doch noch so jung, er sei zu früh gestorben. Doch nein, es ist umgekehrt. Maksym hat zu lang gelebt. Zu lang sein Kind vernachlässigt, seine Frau gequält, sie von ihrer Umgebung isoliert und ihr Gewalt angetan. Schon bald nach der Hochzeit hat er angefangen, Martas Freiheit einzuschränken, ihren Willen zu brechen. Irgendwann hat ihm auch das nicht mehr gereicht und hat sie misshandelt. Marta hat gewusst: Sie muss überleben. Für sich, für ihr Kind. Sie muss sich wehren. Der Roman der ukrainischen Autorin Natalja Tschajkowska, auf Deutsch bei Haymon erschienen, kann auch als Metapher ihres Landes gelesen werden, das gegen einen übermächtigen Aggressor um das Überleben kämpft. (Cle)

Natalja Tschajkowska, „All die Frauen, die das hier überleben“, Haymon, 365 Seiten, 24,50 Euro

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