Gerichtsverfahren

Immofinanz-Prozess: Ex-Chef Petrikovics steht Rede und Antwort

Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics (r.)
Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics (r.)APA / APA / Eva Manhart
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Knapp zweieinhalb Stunden stand Petrikovics, der als „Mastermind“ und „Alleinherrscher“ im Konzerngeflecht galt, im Mittelpunkt der Befragung durch Richter, Staatsanwältinnen und Schöffen.

Der zweite Tag des Immofinanz-Strafprozesses am Wiener Landesgericht hat mit der Fortsetzung der Befragung von Karl Petrikovics, dem ehemaligen Chef der Constantia Privatbank und der Immo-Gesellschaften Immofinanz und Immoeast, begonnen. Knapp zweieinhalb Stunden stand Petrikovics im Mittelpunkt der Befragung durch Richter, Staatsanwältinnen und Schöffen. Dabei legte er dem Gericht seine Sicht der Vorgänge in den drei von ihm in Personalunion geführten Gesellschaften dar.

Petrikovics selbst, der als „Mastermind“ und „Alleinherrscher“ im Konzerngeflecht galt, erklärte die Vorgänge unter anderem damit, dass man durch eine milliardenschwere Kapitalerhöhung bei der Immoeast mehr Geld zur Verfügung gehabt habe, als man in Projekte habe investieren können. Aus diesem Grund seien sogenannte Barvorlagen, also kurzfristige Darlehen, an die Tochtergesellschaften der Constantia Privatbank vergeben worden. Diese Firmen haben mit den Geldern wiederum Aktien der Immoeast und der Immofinanz gekauft. Diese Veranlagungspolitik habe auf der Sicherheit aufgebaut, die man damals Immobilienaktien zugeschrieben habe. „Dass mit der Lehmann-Pleite 2008 eine ‚Atombombe‘ auf den Markt geschmissen wurde, konnte niemand vorhersehen“, sagte Petrikovics.

Petrikovics: Mündliche Darlehensverträge waren damals „state of the art“

Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft seien die gewährten Darlehen nicht unbesichert gewesen, so der ehemalige Immofinanz-Chef weiter. Die Constantia Privatbank - „eine sehr erfolgreiche Bank“ - habe über Managementverträge mit Immofinanz und Immoeast auch für ihre Töchter gehaftet und damit auch für deren Verbindlichkeiten gegenüber den Immo-Gesellschaften.

Auf die Frage, warum es keine schriftlichen Darlehensverträge gegeben habe, begründete Petrikovics dies wiederum mit einer Errichtungsgebühr von 1,1 Prozent der Darlehenssumme, die bei einer Verschriftlichung fällig geworden wäre und die damit die Wirtschaftlichkeit der Darlehen konterkariert hätte. Das sei damals „state of the art“, also Gang und Gäbe, gewesen.

Prozess startete 15 Jahre nach Beginn der Ermittlungen

15 Jahre nach Beginn der Ermittlungen findet nun der zweite Immofinanz-Prozess statt. Die Staatsanwaltschaft Wien wirft den ehemaligen Managern Karl Petrikovics und Christian Thornton Untreue mit einem Schaden von rund 836 Millionen Euro und Bilanzfälschung vor. Durch den Immofinanz-Skandal wurden infolge der Bankenkrise Tausende Privatanlegerinnen und Privatanleger geschädigt. Die Angeklagten bestreiten alle Vorwürfe, sie haben sich für nicht schuldig bekannt.

Laut Anklage haben Immofinanz und Immoeast im Jahr 2007 über Umwege mehrere Millionendarlehen an Töchter der Constantia Privatbank vergeben, die damit wiederum Immofinanz- und Immoeast-Aktien gekauft haben. Das habe den Börsenkurs beeinflusst, so die Staatsanwaltschaft. Die Gesellschaften, die die Darlehen erhielten, hätten aber kein nennenswertes Vermögen gehabt. Es habe sich um unbesicherte Darlehen gehandelt und weder der Aufsichtsrat noch die anderen Vorstände seien informiert gewesen, so der Vorwurf. Zudem habe die Vorgangsweise gegen das Verbot des Erwerbs eigener Aktien verstoßen. Staatsanwältin Mona Konecny sprach am ersten Verhandlungstag wiederholt vom „Tarnen, Täuschen und Verschleiern“ durch die beiden Angeklagten. (APA)

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