Mein Freitag

Am Friedhof der verlorenen Dinge friert niemand mehr

Warum man nach dem Tod nichts herschenken soll und Handschuhe wichtig sind.

„Gehn muass ma mit woame Händ, håt da Koal immer gsågt.“ So gehört an einem dieser eisigen Tage, die mit gutem Segelwind gesegnet waren, was einen zu Fuß in der Stadt zwar nicht viel weiterbringt, aber danach ist man gut durchgelüftet. So geht positives Denken, nur kalt sollte einem nicht sein. Die zwei Damen, die sich beim Spazierengehen darüber unterhielten, dass warme Hände für das winterliche Überleben draußen ausschlaggebend seien, hatten es jedenfalls sehr lustig miteinander.

Für mich ist es am wichtigsten, dass der Hals warm ist, lieber kilometerlange Schals um mich herumgewickelt als Handschuhe, wenn man sich denn entscheiden müsste. Meine Freundin hingegen braucht zuallererst warme Füße, die Rede ist nicht von Winterschuhen, sondern von Moonboots von November bis März. Mitten im Sinnieren über die Prioritäten bei kaltem Wetter unterbricht mich mein Kollege, der leider immer alles besser weiß, nämlich wirklich, und sagt, dass ich den Satz falsch verstanden hatte.

Die zwei Damen hätten sicher von „geben“ gesprochen, nicht von „gehen“. Und ob ich diesen alten Spruch nicht kenne? Mit warmen Händen geben, also lieber etwas hergeben, solang man lebt. Und sich so auch an der Freude von Beschenkten erfreuen können. Oder, wenn man es grundsätzlicher versteht, nichts für den Tod aufzuheben. Wahrscheinlich waren die beiden sogar beim Weihnachtseinkauf gewesen.

Handschuhe gehen leicht verloren, die guten sind teuer und noch schneller weg, zumindest einer davon. Auf dem Friedhof der verlorenen Dinge muss niemand mehr frieren. Falls also jemand mit warmen Händen geben will: Als Weihnachtsgeschenk bieten sich Handschuhe zwingend an. Ich lass mir doch nicht die geplante Pointe vom Kollegen kaputt machen. Und außerdem stimmt es.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

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