Im Kino: „Saw X“ und „Thanksgiving“

Wann ist diese Brutalität normal geworden?

Ein unheilbar an Krebs erkrankter Killer will in der „Saw“-Reihe seine Opfer den Wert des Lebens „lehren“.
Ein unheilbar an Krebs erkrankter Killer will in der „Saw“-Reihe seine Opfer den Wert des Lebens „lehren“. Lionsgate
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Folterporno? Extreme Gewaltszenen wie jene, die in den aktuellen Kinofilmen „Saw X“ und „Thanksgiving“ gezeigt werden, sorgten einst für Entrüstung. Heute sind sie allgegenwärtig. Dafür sorgten auch Serien.

Zeitreise gefällig? Zwei aktuell in den Kinos laufende (und im Übrigen sehenswerte) Horrorfilme zelebrieren den Rücksturz mitten hinein ins Blut-und-Beuschel-Geschehen der mittleren Nullerjahre. „Thanksgiving“ von „Hostel“-Regisseur Eli Roth und das zehnte (!) Kapitel der „Saw“-Reihe geben sich betont schmerzbefreit hinsichtlich ihrer Sehnsucht nach einer Genrekino-Ära, in der die Messer (und Knochensägen und Hackebeile) blitzten, das Blut literweise floss und all das ohne den geringsten Anflug einer intelligenten Legitimation für die ganzen Gräueltaten auf der Leinwand.

Horror im Kino

„Saw X“. Der zehnte Teil der Splatter-Reihe, in der ein psychopathischer Killer seine Opfer zur Selbstverstümmelung zwingt, wurde von Kevin Greutert inszeniert (der im ersten Film den Schnitt machte).

„Thanksgiving“. Inszeniert von Eli Roth („Hostel“, „Death Wish“), basiert der Slasher-Film auf einem Fake-Trailer, den Roth einst für „Grindhouse“ von Robert Rodriguez und Quentin Tarantino drehte.

Was zählte, war das Publikum, und das goutierte das für viele ungustiöse, weil unverhohlen sadistische Geschnetzel. Der gewaltige Kassenerfolg der alljährlich in die Kinos geladenen „Saw“-Episoden trat eine Welle an Filmen los, die von intellektuellen Zirkeln schnell als Folterpornos benannt und in eine kausale Beziehung zu den Kriegsverbrechen im Abu-Ghraib-Gefängnis gesetzt wurden, die etwa zur selben Zeit bekannt wurden. Solche Interpretationen sind nicht neu: Als George A. Romeros „Die Nacht der lebenden Toten“ (1968) den Grundstein für den modernen Horrorfilm legte, wurden im filmanalytischen Nachgang seine inszenatorische Nähe zum Dokumentarischen sowie seine Schwarz-Weiß-Fotografie in Bezug gesetzt zur von Unruhen und anderen Wirklichkeitsschocks (darunter der Vietnam-Krieg) gebeutelten US-Gesellschaft der ausgehenden Sechzigerjahre.

Immer realistischere Bilder

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