Gastkommentar

Der Klimagipfel, der zum Lachen ist

In den ärgsten Katastrophen der Geschichte hat die Menschheit immer Witze gerissen, wenn sie nicht weiterwusste.

Als der Weltklimarat IPCC im August 2021 seinen Bericht zum Stand des Wissens über die Klimaerwärmung veröffentlichte, schrieben die Medien von einem dringenden Weckruf an die Politik. Es gelte, jetzt zu handeln, weil die Entwicklung bedrohlich und niemand mehr vor den Folgen sicher sei, wie die Leiterin des UN-Umweltprogramms betonte.

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Es war nicht der erste Weckruf in der langen Geschichte des IPCC, und er sollte ebenso wenig erhört werden wie alle anderen zuvor. Die Politik hielt sich bei konkreten Maßnahmen zurück, weil sie die Bevölkerung nicht hinter sich wähnte. Die Menschen schalten eher ab, wenn sie ständig von Hitzewellen, Waldbränden, Überschwemmungen und Hurrikans lesen. Oder sie schalten um, wenn es ums Fernsehen geht.

Könnte man das verhindern oder das Thema auf heitere Weise behandeln, ohne auf Fakten zu verzichten? Die Klimaorganisation Climate Group kam im Sommer 2021 auf die Idee, alle großen US-Fernsehstationen zu fragen, ob sie bereit wären, zum aktuellen IPCC-Report mit ironischen und heiteren Beiträgen zu berichten.

Tatsächlich machten alle großen Talkshows des Landes mit und scherzten an einem Abend zur gleichen Zeit über die Klimakrise. Die Moderatoren teilten den Zusehern mit, dass sie dem Thema auch durch Umschalten nicht entkommen konnten. Der Klimawandel wurde mit Fußball verglichen, bei dem die Amerikaner wissen, dass „es draußen etwas gibt, das für den Rest der Welt wirklich wichtig ist, aber niemand bringt uns dazu, uns darum zu kümmern“.

Der Wahnsinn von Dubai

Eine Einspielung zeigte ein Video des Ölkonzerns ConocoPhillips, der für den Plan warb, den gefrorenen Boden der Tundra von Alaska künstlich zu kühlen, um trotz Klimaerwärmung weiterhin nach Öl bohren zu können. Was den Planeten jedoch weiter erwärmen und den Permafrostboden erst recht auftauen würde.

Ein solches Satirevideo würde auch beim Klimagipfel in Dubai passen, es würde den Wahnsinn der 28. Klimakonferenz vermutlich besser auf den Punkt bringen als die Empörungswelle der Klimaforscher und Umweltorganisationen weltweit.

Humor löst Blockaden

In Wahrheit ist das Ganze zum Lachen und bringt vor allem eine Berufsgruppe ins Schwitzen, die das Verrückte und Komische eines Klimagipfels im Ölland kaum mehr toppen kann. Wer heutzutage Kabarettist ist, hat ein schweres Leben. Die Versammlung im Wüstenstaat ist ein weiterer Beweis, dass die Wirklichkeit die Fiktion längst überholt hat.

Ich plädiere daher dafür, der Klimakrise mit mehr Humor zu begegnen, um uns mit Lachen vor Augen zu führen, wo wir beim Klimathema gerade wieder völlig falsch abbiegen, statt uns der Herausforderung ernsthaft zu stellen. Denn gerade die Ernsthaftigkeit des Themas macht es notwendig, sich darüber lustig zu machen.

Die Menschheit hat in den ärgsten Katastrophen der Geschichte immer Witze darüber gerissen, wenn man nicht weiterwusste. Das löst Blockaden und hilft, neue Wege aus der Misere zu finden, was wir beim Klimathema dringend brauchen.

Der Klimagipfel in Dubai, bei dem sich der leitende Ölminister bereits die Hände reibt und zum Einfüllstutzen greift, um an alle Teilnehmer geschäftlich Öl zu verteilen, ist ein guter Anlass, um damit zu beginnen, finde ich. Wenn wir es schaffen, die Fossilen lachend abzulösen, geht es vermutlich schneller, als wenn wir uns verkrampfen und empören, um ihre Ablöse herbeizuführen.

Roger Hackstock, geb. 1963, ist Sachbuchautor zur Energiewende und seit vielen Jahren als Geschäftsführer des Branchenverbands Austria Solar tätig. Lehrbeauftragter an der TU Wien.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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