Pop-Konzert

Hozier in der Stadthalle: Eine Messe, bei der so mancher Fan umfiel

Die simplen Melodien des Folk-Gospel-Sängers Hozier sind erstaunlich massengesangskompatibel.
Die simplen Melodien des Folk-Gospel-Sängers Hozier sind erstaunlich massengesangskompatibel.Iwi Onodera
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Der als Romantiker bekannte Ire Hozier, bekannt etwa für seinen Hit „Take Me To Church“, zeigte sich in der Pose des harten Rockers – vor 13.500 Fans, zu zwei Dritteln weiblich. Manche flüchteten in die Ohnmacht.

Nicht nur wegen der Pandemie waren die vergangenen vier Jahre recht schwierig für die Musikbranche. Umso überraschender ist es, dass der irische Folkpop-Sänger Hozier sein Publikum in dieser Zeit verzehnfachen konnte. Was in der Wiener Stadthalle auch den Künstler selbst erstaunte, der gerührt zugab, noch nie vor so einer großen Menge gespielt zu haben.

13.500 enthusiastische Zuseher, zu zwei Dritteln weiblich, fanden in dieser kalten Sonntagnacht zusammen, um dem scharf intonierenden 33-Jährigen in schwelgerischem Chorgesang klanglich Paroli zu bieten. Seine simplen Melodien sind erstaunlich massengesangskompatibel. Hozier (bürgerlich Andrew Hozier-Byrne) war fünf Jahre lang Sänger in einem Chor namens Anúna. Das hat segensreiche Spuren in seinen Kompositionen hinterlassen. Sein erster Hit „Take Me to Church“, ein Lied, in dem er sich gegen Homophobie wendet, hat eine strikte Anmutung von Gospel. Und so klang das mächtige Echo der Fans dann eher nach Feldmesse denn nach Fußballstadion.

Geigen und heftige Gitarren

Aufgewärmt durch eine Al-Green-Playlist vom Mischpult aus, war das Publikum schon bei Anbeginn streichelweich. Aber statt mit Streichquartett und Akustikgitarre die sanfte Stimmung zu prolongieren, schwang Hozier den Hammer. Mit dem metallisch klingenden „De Selby Pt. 2“ etablierte sich der sensible Folk-Gospel-Mann überraschend als kraftvoller Rocker.

Diesen Sound behielt er längere Zeit bei. Die Geigen und Bratschen, die man zuweilen am LED-Screen sah, wurden zugespielt. Die heftigen Gitarren aber, die wurden live gedroschen. Auch vom feinsinnigen Sänger persönlich. Selbst seine Hommage an den R&B, das sonst groovige „Jackie and Wilson“, wurde als kompromissloser Kracher dargebracht. Immer wieder war Unruhe im Saal. Fans flüchteten in die Ohnmacht. Vielleicht, weil nicht einmal ein Romantiker wie Hozier seinen Liedprotagonisten das Happy End versprechen kann. Dem Malheur folgte ein Tanz der Lichter, den die Umstehenden mit Handys entfachten. Der aufmerksame Hozier unterbrach insgesamt dreimal, um die Rettungsleute bei der Bergung der blümeranten Damen zu unterstützen.

Da waren wir längst schon in jenem Teil des Konzerts, der für die subtileren Sounds reserviert war. „Sweet lips on my lips“ wisperte Hozier zu der geziert von ihm selbst gespielten Akustikgitarre. Eine klassische Feuerzeugballade.

Ausrasten bei „Take Me to Church“

Bloß: Feuerzeuge gab es nicht mehr im Saal. Der ist mittlerweile zippofreie Zone. Längst sind Handydisplays fürs Aufhellen zuständig. Die Stimmung war prächtig. „Abstract (Psychobombs)“ und „Eat Your Young“ vom aktuellen Album wurden besonders innig bejubelt. Bei „Take Me to Church“ rasteten die Leute besonders laut aus.

Schöner war allerdings die Zugabe „Nina Cried Power“, die Hozier einst mit Gospel-Soul-Legende Mavis Staples aufgenommen hatte. Dieses liedgewordene Manifest für mehr Bürgerrechte funktioniert generationsübergreifend. Toller Abend!

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