Wissenschaft

Wie alt ist das Leben?

Fossilierte Bakterienmatten  könnten das erste Leben bezeugen. Aber solche Strukturen entstehen auch geogen.
Fossilierte Bakterienmatten  könnten das erste Leben bezeugen. Aber solche Strukturen entstehen auch geogen. Science Photo Library / picturedesk.com
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Wann sich zum ersten Mal etwas regte auf der Erde, ist umstritten. Immerhin gibt es neue Hinweise auf den Beginn des „höheren Lebens“.

„Ich, Eozoon canandense, fand mich selbst am Meeresboden und weiß nicht, wann ich kam. Ich wuchs und blühte seit ewiger Zeit.“ So blumig ließ der Geologe und Paläontologe John Dawson zu Wort kommen, was er 1865 in uraltem Gestein bei Quebec gefunden hatte: Strukturen, die aussahen wie Stromatolithen, von Bakterienmatten geschichtete Sedimente. Mit diesem „Morgenrötetier“ – von Eos und Zoon – bereitete er der herrschenden Überzeugung ein Ende, das Leben auf der 4,5 Milliarden Jahren alten Erde sei erst in der Kambrischen Explosion entstanden, vor 541 Millionen Jahren, zuvor habe das Zeitalter des „Azoikum“ geherrscht.

Aber man hatte nur keine älteren Spuren gesichtet, Dawson war der erste, allerdings hielt sein Beleg bzw. dessen Interpretation nicht lange, schon 1894 wurde gezeigt, dass die Strukturen abiotischen Ursprungs waren, Kalkstein mit Serpentin durchsetzt. Dann blieb es lange still um das frühe Leben, erst 1953 sichtete der Geologe Stanley Tylor – beim Fischen im Lake Superior – wieder Stromatolithen, er datierte sie auf 1,9 Milliarden Jahre, es war der erste anerkannte vorkambrische Fund (Science 119, S. 606). Bald sichtete man immer Früheres, vor allem Paläontologe William Schopf (UC Los Angeles) eilte von Rekord zu Rekord, er krönte seine Laufbahn 1993 mit 3,46 Milliarden Jahren alten Mikrofossilien aus Australien (Science 260, S. 640). Das geriet in Zweifel, Martin Brossier (Oxford) sah viel dafür sprechen, dass die Strukturen nicht durch Leben, sondern geogen entstanden waren: dass es sich um Pseudofossilien handelte (Nature 416, S.  76).

Spuren des ersten Lebens können trügen

Den gleichen Verdacht hegte Jean McMahon gegen den nächsten Rekordhalter – 3,7 Milliarden Jahre alt, aus Tiefseevulkangestein (Nature 543, S. 60) –, er bekräftigte ihn, indem er frappant ähnliche Strukturen im Labor wachsen ließ (Proc. Roy. Soc. B 2019.2410). In einer simpleren Wohnzimmerversion des Experiments hatte schon der junge Adrian Leverkühn im „Doktor Faustus“ über „blaue, grüne und braune Sprießereien“ gestaunt, die an „Algen, Bäume oder Ästchen“ erinnerten und doch „von Stoffen stammten“, die sein Vater aus der „Apotheke zum ,Heiligen Boten‘“ mitgebracht hatte: Es war ein „chemischer Garten“ aus Wasserglas und einem Metallsalz, Joseph Glauber hat das Rezept 1646 publiziert.

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