Literatur

Ilse Kilic: Wir leben alle in einem Essigkrug

Ilse Kilics Text mäandert locker zwischen Essay, Philosophie, Erzählung, lyrischen Passagen und ist gespickt mit Zeichnungen und Fußnoten.
Ilse Kilics Text mäandert locker zwischen Essay, Philosophie, Erzählung, lyrischen Passagen und ist gespickt mit Zeichnungen und Fußnoten.Ritter Verlag
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Auf der Suche nach der Weltformel klebt eine Privatgelehrte plötzlich an einer anderen Person fest. Schuld ist ein mysteriöses Bakterium. Ilse Kilic‘ „Das Schlaue vom ­Himmel“ ist so zeitgeistig wie vergnüglich.

Vielleicht werden die Menschen in 100 Jahren die Zeit, in der wir jetzt leben, als jene bezeichnen, in der verzweifelt nach allerhand Lösungen gesucht wurde: für den Klimawandel, Krankheiten, die kosmologischen Zusammenhänge etc. – immer im Glauben daran, man sei ganz knapp davor, ein großes Rätsel zu entwirren. Möglicherweise wird man dann schmunzeln über die vielen Irrungen und Fehlurteile, vielleicht aber auch beeindruckt sein von manchen Leistungen. Es ist jedenfalls zu hoffen, dass den Menschen der Zukunft die Bücher von Ilse Kilic in die Hände fallen. In ihrem neuesten Werk versucht sie sich an „Theorien zur Reparaturmöglichkeit des derzeit prekär durch den Weltraum eiernden Planeten“, bzw. meint sie im ersten von zwei Vorwörtern, der Text könne „nach dem Schlauen vom Himmel greifen und es zur Erde biegen“.

Die „erschwindelte“ Unsterblichkeit

Gleich im ersten Kapitel werden die Figuren eingeführt, oder vielmehr: die Rollen besetzt. Einigen von ihnen begegnen wir auch in anderen Texten oder transmedialen Arbeiten von Ilse Kilic – mitunter eben in anderer Rolle. Suzie Traktor etwa, so lässt sich durch Recherche herausfinden, ist auch der Name einer Katze von Ilse Kilic bzw. eines ihrer Pseudonyme. Im Text tritt sie als Person C oder literarische Beraterin auf. Person B wiederum, auch „Mein Spatz“ genannt, ist in einem Essigkrug geboren und aufgewachsen und hat sich mittels einer Abhandlung über die Angst für die Rolle im Text beworben. Ein Motiv dafür war der Wunsch nach Unsterblichkeit. In einem der essayhaften Exkurse, die häufig in Fußnoten weitergesponnen werden, wirft Kilic die Frage auf, ob Figuren durch Literatur tatsächlich unsterblich werden können, und ob sich das auch auf die Urheberin (als Textperson) auswirkt. „Es ist allerdings immer und für alle Personen im Text eine erschwindelte (sogenannte unechte) Unsterblichkeit, die in einem möglichen Überdauern der eigenen Lebensspanne besteht, wobei aber die individuelle Handlungsfähigkeit nicht erhalten bleibt.“

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