Mein Donnerstag

Ein unkluger Tanz

Vergangene Woche ist es schon wieder passiert. Also das, was vermutlich viele Winterkinder von den letzten drei Jahren kennen: Mein Geburtstag fiel ins (von unzähligen Coronaviren verseuchte Ab-)Wasser.

Ich wollte ihn zuerst gar nicht wahrhaben, den zweiten roten Strich auf dem Covid-Test, also machte ich noch einen, und noch einen. Vergeblich, das Ergebnis ließ sich nicht mehr leugnen. Oder doch? Könnte ich nicht die Tests noch schnell im Mistkübel verschwinden lassen und doch auf meine Feier gehen? Verboten wäre es schließlich nicht. Aber natürlich äußerst unklug und unverantwortlich, weshalb ich den Gedanken dann rasch wieder verwarf. Bis ich dieses Gefühl der inneren Zwickmühle loswurde, dauerte es aber noch länger.

Kognitive Dissonanz nennt sich in der Psychologie dieses unangenehme Gefühl, wenn sich Wissen, Verhaltensweisen oder Einstellungen widersprechen. Nicht immer lässt sich das so leicht auflösen. Im Umgang mit der Klimakrise etwa, bei dem diese Dissonanz ganz besonders zum Vorschein kommt: Wir wissen, dass mit jedem Flug, jedem neuen Auto und jedem Steak die Wahrscheinlichkeit für mehr Hitzetage, desaströse Unwetter oder Überschwemmungen steigt. Trotzdem ändern wir unser Verhalten nicht, genauso wenig wie die internationale Staatengemeinschaft, die sich bei der derzeitigen Klimakonferenz noch immer darüber streitet, ob fossile Brennstoffe böse sind oder nicht. Oder wir leugnen die Folgen generell und reden uns ein – wie 39 Prozent der Österreicher, wie eben die Akademie der Wissenschaften herausfand –, dass es sich auch mit einer Drei-Grad-Erwärmung noch gut leben lassen wird. Spoiler: Wird es nicht.

Stattdessen verhält sich die Welt ungefähr so, als würde ich mit meinem positiven Coronatest nicht nur auf meine Geburtstagsfeier gehen und dort alle anstecken, sondern auch mit höher werdendem Fieber die Nacht durchtanzen und mit allerhand konsumierten legalen und illegalen Substanzen die Chancen auf eine rasche Genesung so gering wie möglich machen. Aber das würden wir doch nie machen, das wäre doch unklug und unverantwortlich. Oder?

E-Mails an: teresa.wirth@diepresse.com

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