Philip Kucher

SPÖ-Klubchef: „Eine Stimme für die ÖVP ist eine Stimme für Kickl als Kanzler“

„Die Impfpflicht war ein Fehler“: SPÖ-Klubchef und Gesundheitssprecher Philip Kucher
„Die Impfpflicht war ein Fehler“: SPÖ-Klubchef und Gesundheitssprecher Philip KucherClemens Fabry
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SPÖ-Klubchef Philip Kucher verteidigt die Allianz der Roten mit Herbert Kickls FPÖ im U-Ausschuss und kritisiert Alfred Gusenbauer. Eine Koalition mit der ÖVP hält er trotz allem für möglich – und weicht gar von ultimativen Koalitionsbedingungen ab.

Herr Kucher, Sind Sie zusatzversichert?

Philip Kucher: Nein.

Wieso nicht?

Weil ich auf ein starkes staatliches Gesundheitssystem vertraue. Ich sehe es als Aufgabe von mir als Gesundheitspolitiker, dass alle den besten Zugang zu Gesundheitsversorgung haben – mit der E-Card, nicht der Kreditkarte. 

Ihr Parteichef Andreas Babler sagt, das Gesundheitssystem sei in den letzten 20 Jahren „zusammengeschossen“ worden. Ist das so?

In der Entwicklung der Budgets der Sozialversicherung gab es in den letzten 20 Jahren teils dramatische Einbrüche. Die versprochene Patientenmilliarde hat es nie gegeben, stattdessen ein Minus über Hunderte Millionen. 

In den letzten zwei Jahrzehnten hatte die SPÖ die halbe Zeit sowohl Kanzleramt als auch Gesundheitsressort inne. Die trägt an der Misere keine Schuld?

Ich bin da selbstkritisch. War alles perfekt, als die SPÖ für Gesundheit zuständig war? Natürlich nicht. Aber wir haben zumindest jeden Tag dafür ge­kämpft, dass die Versorgung besser wird. Und man sieht eben, dass das einen Unterschied gemacht hat. Im schwarz-grünen Regierungsprogramm kommt der Begriff Zwei-Klassen-Medizin gleich gar nicht vor.

Die SPÖ will einen Rechtsanspruch auf einen Facharzttermin nach zwei Wochen. Wie soll das gehen? Jetzt wartet man teils Monate. 

Skandinavische Länder schaffen das mit ähnlichem Budget wie wir. Bei uns gibt es einen zu hohen Anteil an privaten Gesundheitsausgaben. Das müssen wir ändern, um das öffentliche System zu stärken. 

Wann soll es diesen Rechtsanspruch geben? Man kann ja nicht einfach Ärzte herzaubern. 

Es ist das Ziel, das schrittweise in den nächsten Jahren umzusetzen. Durch eine Stärkung des Kassenbereichs, eine deutliche Ausweitung der Medizinstudienplätze und einen Gesamtvertrag für Ärzte.

Und wenn ich innerhalb von zwei Wochen keinen Termin bekomme? Kriege ich dann eine Entschädigung?

Da gibt es unterschiedliche Wege. In Dänemark hat man dann etwa ein Recht auf eine Behandlung in einem privaten Krankenhaus. Finnland nimmt die Regionen in die Pflicht und hat eine eigene Aufsichtsbehörde, die die Umsetzung überwacht und im Falle des Falls auch sanktioniert, wo die Ziele nicht eingehalten werden.

Herr Kucher, die SPÖ liegt bestenfalls auf Platz zwei in Umfragen. Dabei kündigte Babler vor einem halben Jahr an, im großen Stil FPÖ-Wähler zur SPÖ zu ziehen. Die FPÖ stieg derweil über 30 Prozent. Enttäuscht?

Wir liegen im Umfrageschnitt trotz der – euphemistisch formuliert – herausfordernden Situation im Frühjahr auf dem zweiten Platz. Jetzt müssen wir Vertrauen zurückgewinnen und über unsere konkreten Themen reden. Und wir müssen klarmachen: Jede Stimme für die ÖVP ist eine Stimme für Herbert Kickl als Kanzler. 

Wer ist der Hauptgegner der SPÖ: die ÖVP oder die FPÖ?

Wir haben in Salzburg und Niederösterreich erlebt, dass die sich sowieso auf ein Packl hauen, wenn ÖVP und FPÖ eine Mehrheit haben. Dann wird der nächste Bundeskanzler Herbert Kickl heißen.

Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer kritisierte zuletzt, dass die SPÖ die FPÖ stärkt, indem sie „sinnlose U-Ausschüsse“ gegen die ÖVP macht. Den kommenden U-Ausschuss machen Sie jetzt sogar ausschließlich mit der FPÖ gemeinsam.

Das darf keine Frage der Parteitaktik sein. Da geht es um die Frage, ob in der Cofag intransparent ÖVP-Freunde bedient wurden. Es ist die Pflicht einer Oppositionspartei, ihrer Kontrollaufgabe nachzukommen.

Die SPÖ will René Benko in den Fokus des Ausschusses rücken. Wird Ex-SPÖ-Chef und Benko-Mann Alfred Gusenbauer geladen?

Ich nehme es an. 

Babler findet Gusenbauers Funktion bei Benko „unmoralisch“. Sie auch?

Ich teile da die Einschätzung von Andi Babler. Alfred Gusenbauer muss sich selbst in den Spiegel schauen können. 

Er macht nicht den Anschein, damit ein Problem zu haben. 

Ich persönlich möchte jedenfalls bei Benko nicht einmal anstreifen. 

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