Jüdisches Großbürgertum

Vergessene Gesellschaft: Österreichs Judentum

Wichtige Recherchequelle. Ein jüdischer Friedhof in Polen, 1806 gegründet.
Wichtige Recherchequelle. Ein jüdischer Friedhof in Polen, 1806 gegründet. Culture Club
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Mit dem nun vorliegenden Abschlussband ist das akribisch recherchierte Lexikon über das jüdische Großbürgertum Wiens bis 1938 in all seinen genealogischen Verästelungen abgeschlossen. Georg Gaugusch porträtiert hier eine ganze Gesellschaftsschicht und rettet sie so vor dem völligen Vergessen. 

Wenn Georg Gaugusch sein Wissen ausbreitet und anfängt, über sein Lebenswerk zu erzählen, kann er gar nicht mehr aufhören. Das ist auch gut so: Man hört dem rhetorisch gewitzten Mann mit dem weiten Horizont gern zu. Eine Stunde vergeht wie im Flug. Zum Glück gab es in den vergangenen Monaten mehrere Gelegenheiten dazu. Bei einer Veranstaltung der Wittgenstein-Initiative im Oktober im Leopold-Museum sprach er über sein Leib- und Lebensthema, das jüdische Großbürgertum Österreichs und seine intellektuelle und wirtschaftliche Dynamik vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zu seiner fast vollständigen Auslöschung 1938. Gerade das Beispiel der Familie Wittgenstein zeigt ja: Besitz und Bildung, beides war für die Anerkennung in der damaligen Gesellschaft notwendig. Reichtum allein reichte nicht, sondern er brachte die moralische Verpflichtung mit sich, Wissen und Kultursensibilität zu fördern.

Zuletzt stellte Gaugusch im Jüdischen Museum Wien im amüsanten Gesprächsduett mit Ehefrau Marie-Theres Arnbom sein alle vorstellbaren Grenzen sprengendes Werk vor, das nach einem Vierteljahrhundert harter Arbeit seinen Abschluss gefunden hat. Es trägt den Titel „Wer einmal war“, ist in vier dicken, als Lexikon angelegten Bänden mit insgesamt 5570 Seiten im Amalthea-Verlag erschienen und bietet eine Genealogie von 685 jüdischen Familien vor allem der Gesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts. Der letzte Teil, S–Z, von Saborsky bis Zwiklitz, ist so umfangreich geraten, dass er, anders als geplant, auf zwei Bände aufgeteilt werden musste. Für nächstes Frühjahr ist ein Namensregisterband geplant, er wird 120.000 Einträge umfassen. Dann ist „der Gaugusch“, das von Wissenschaftlern bereits als unverzichtbar geschätzte Nachschlagewerk, komplett.

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