ÖVP-Klubchef

Wöginger: „Haben so viel gemacht, dass die Menschen es nicht fassen können“

ÖVP-Klubchef August Wöginger, hier in der weihnachtlich geschmückten Säulenhalle des Parlaments, will nur noch jene Klimaziele verfolgen, die von der EU vorgegeben sind.
ÖVP-Klubchef August Wöginger, hier in der weihnachtlich geschmückten Säulenhalle des Parlaments, will nur noch jene Klimaziele verfolgen, die von der EU vorgegeben sind. Clemens Fabry
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ÖVP-Klubchef August Wöginger ist trotz Umfragetiefs und Rekordschulden der Ansicht, dass keine Regierung mehr geleistet habe als Türkis-Grün. Bei den Klimazielen bremst er, eine Koalition mit der SPÖ schließt der wohl engste Kanzlervertraute nicht aus – und er verteidigt Wolfgang Sobotka.

Herr Wöginger, Sie sind seit mehr als 20 Jahren im Nationalrat, seit Ihrer Kindheit regiert die ÖVP. Können Sie sich Ihre Partei in Opposition überhaupt vorstellen?

August Wöginger: Ich habe das aktiv noch nicht erlebt. Nicht im Bund, nicht im Land und schon gar nicht in meinen Heimatgemeinden. Die ÖVP hat viel dazu beigetragen, dass wir heute in einem guten Land leben. Daher wollen wir natürlich weiter in Verantwortung bleiben.  

Türkis-Grün geht dem Ende zu, die ÖVP liegt in Umfragen rund 15 Prozentpunkte unter dem Wahlergebnis von 2019. Hat sich diese Koalition gelohnt?

Ich sage immer: Umfragen sind wie Parfum. Man soll dran schnuppern, es aber nicht trinken. 

Das mag sein, aber mehrere Landtagswahlen haben den Abwärtstrend mit teilweise knapp zweistelligen Verlusten bestätigt.

Es sind Momentaufnahmen, das kann auch rasant in die andere Richtung gehen. Und ich kann mich an keine Regierungskonstellation erinnern, in der in einer Periode strukturell so viel weitergebracht wurde wie in dieser. Der Hauptpunkt dabei ist die Abschaffung der kalten Progression, auch wenn diesen Begriff viele nicht verstehen. Das sind allein nächstes Jahr 3,6 Milliarden Euro Entlastung. Dazu kommen die Valorisierung der Sozialleistungen, der Turbo beim Erneuerbaren-Ausbau, 2,4 Milliarden Euro frisches Geld für Länder im Finanzausgleich und so weiter.

Das alles kostete sehr viel Geld. Das Budget sieht für 2024 erneut Rekordschulden vor.

Die Krisensituation ist ja nicht vorbei. Der Wirtschaftskreislauf muss funktionieren, dann funktionieren auch unsere Sozialsysteme. Im Vorjahr hatten wir ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent, das Investieren hat sich also bewährt. 

Keine Regierung hat je so viel Geld ausgegeben wie diese – trotzdem sind die Beliebtheitswerte schwach. Sind die Leute undankbar?

Nein. Zeiten wie diese bringen eine größere Herausforderung für Regierungsparteien als für Oppositionsparteien. Was hat die FPÖ schon zu verantworten? Nichts. Die haben nur die Menschen auseinandergetrieben in der Pandemie. Wir hingegen müssen darauf schauen, dass das Leben und die Gesundheit der Menschen geschützt sind. 

Was macht die ÖVP falsch?

Wir machen vieles richtig. Wir entlasten, unterstützen Familien und investieren in Sicherheit. Aber wir schaffen es derzeit zu wenig, den Menschen all das auch näherzubringen. 

Woran liegt das?

Ich glaube, wir haben so viel gemacht, dass die Menschen es gar nicht mehr fassen können. Ich merke das bei Terminen in meinem Wahlkreis: Viele haben den Überblick bei all den Maßnahmen verloren. 

Wäre es also gescheiter gewesen, all die Boni, Zuschüsse, Bremsen und Hilfen einer konkreten Strategie folgend zu bündeln?

Von der Strompreisbremse bis zu den Mieten kommt die Notwendigkeit jeweils in gewissen Abständen. Somit ist es schwierig, alles auf einmal zu machen. 

Ein Viertel der Bundesausgaben fließt in Pensionen, die Kosten dafür steigen rasant. Sie waren dabei, als es unter Wolfgang Schüssel 2003 die letzte große Pensionsreform gab. Brauchen wir so etwas wieder?

Wir haben ein gut aufgestelltes staatliches Pensionssystem. Das Frauenpensionsalter wird in den nächsten Jahren angehoben, wir haben jetzt jene entlastet, die länger arbeiten wollen. 

Sie sind also dagegen, das gesetzliche Antrittsalter irgendwann an die gestiegene Lebenserwartung anzupassen? 

Wichtiger ist es, das faktische an das gesetzliche heranzuführen. 

Die Grünen pochen auf das ausständige Klimaschutzgesetz. Kommt das noch?

Das ist einer der Bereiche, in denen wir weit auseinanderliegen.

Was konkret wollen die Grünen beim Klimaschutzgesetz, das Sie nicht wollen?

Wir wollen kein „Golden Plating“ in diesem Bereich. 

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