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Kremser Forschung: Blutgefäße aus der Nabelschnur kultivieren

<strong>Blutgefäßmodell aus recyceltem „medizinischen Abfallmaterial“</strong>
Blutgefäßmodell aus recyceltem „medizinischen Abfallmaterial“ © UWK
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An der Universität für Weiterbildung Krems konnte erstmals ein Blutgefäßmodell entwickelt werden, das intakte menschliche Blutgefäße aus der Nabelschnur nutzt. Damit kann die Erforschung verschiedener Gefäßerkrankungen frei von Tierversuchen vorangetrieben werden.

Die Blutgefäßforschung, also die Erforschung verschiedener Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen (z.B. Verkalkung, Entzündungen, Verschlüsse und Schäden an den Blutgefäßen), wurde in der Vergangenheit überwiegend mithilfe von Tierversuchen vorangetrieben. Diese gelten jedoch nicht nur ethisch, sondern vor allem wissenschaftlich als ein veraltetes System, da es keine zuverlässig auf den Menschen übertragbare Ergebnisse liefert. Das Team von Dr. Stephan Harm vom Zentrum für Biomedizinische Technologie an der Universität für Weiterbildung Krems konnte nun ein innovatives Blutgefäß-Modell aus menschlichen Nabelschnüren entwickeln, mit dem die Blutgefäßforschung vorangetrieben werden kann. Dieses innovative Projekt wurde mit dem Herbert-Stiller-Preis ausgezeichnet. Der in Höhe von 20.000 Euro dotierte Preis wird vom Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) alle zwei Jahre für exzellente, menschenrelevante, tierfreie Forschungsprojekte vergeben. 

Das erste Forschungsmodell seiner Art

„Nach unserem Kenntnisstand ist dies das erste Forschungsmodell seiner Art, das intakte menschliche Blutgefäße aus der Nabelschnur nutzt“, erklärt Dr. Corina Gericke, stellvertretende ÄgT-Vorsitzende. Bei dem innovativen Blutgefäßmodell von Stephan Harm werden Nabelschnüre, die Intakte menschliche Venen und Arterien erhalten, in einer speziell entwickelten Inkubationskammer - die als „Blutgefäßkammer“ bezeichnet wird - kultiviert und über mehrere Wochen am Leben gehalten. Dieses Blutgefäßmodell bietet somit menschliche Blutgefäße für verschiedene Forschungsfragen und Therapietestungen. Es ermöglicht die Untersuchung wichtiger immunologischer Reaktionen und Regenerationsprozesse menschlicher Blutgefäße. Ein Fokus liegt auf der Erforschung des lebensbedrohlichen Zustandes der Sepsis.

Sepsis: An Tieren entwickelte Therapien scheitern

Stephan Harm arbeitet seit über 10 Jahren im Bereich der Sepsisforschung. Sepsis ist weltweit die führende infektionsbedingte Todesursache. Sie entsteht infolge einer Infektion, die sich über die Blutbahn im Organismus ausbreitet. Darauf reagiert das Immunsystem mit einer Entzündung im ganzen Körper, er greift im Kampf gegen die Infektion die eigenen Organe an. Therapien für Sepsis zielen in erster Linie darauf ab, entzündliche Zustände in den Blutgefäßen in einen homöostatischen Zustand zurückzuführen. „Trotz unzähliger grausamer Tierversuche in den letzten Jahrzehnten scheitern an Tieren entwickelte Therapien gegen Sepsis beim Menschen immer wieder,“ sagt Dr. Dilyana Filipova, wissenschaftliche Referentin bei Ärzte gegen Tierversuche. 

Diskrepanz zwischen Tiermodellen und Menschen überwinden

Das innovative Blutgefäßmodell von Dr. Stephan Harm, das mit menschlichem Blut durchströmt wird, kann dazu beitragen, die Diskrepanz zwischen Tiermodellen und Menschen zu überwinden und somit Tierversuche zu ersetzen. „Dieses Blutgefäßmodell verwendet recyceltes ‚medizinisches Abfallmaterial‘ (die Nabelschnur) und bietet erstmals ein echtes intaktes humanes Blutgefäß für medizinische Forschungsfragen und Therapietestungen“, so Dr. Stephan Harm. Es kann zukünftig die Durchführung präklinischer Studien zur Bewertung neu entwickelter Therapien ermöglichen. 

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