Junge Forschung

Verräterische Spuren im Netz

Bernhard Guetz ist ein Quereinsteiger: Nach der Abendmatura wollte er sich als 27-Jähriger an der FH Kärnten eigentlich nur beruflich weiterbilden.
Bernhard Guetz ist ein Quereinsteiger: Nach der Abendmatura wollte er sich als 27-Jähriger an der FH Kärnten eigentlich nur beruflich weiterbilden.Karlheinz Fessl
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Als digitaler Marketing-Spezialist schaut Bernhard Guetz den Österreicherinnen und Österreichern beim Backen auf die Finger und weiß, wofür sie im Internet Sterne vergeben.

Menschen, die zu Hause gern backen. Menschen, die ärztlichen Rat benötigen. Menschen, die sich darüber ärgern, dass sie im Internet irrelevante Werbung eingespielt bekommen. So unterschiedlich die Vorlieben und Bedürfnisse dieser Gruppen auch sind: Mit all ihnen hatte Bernhard Guetz beruflich bereits zu tun. Wie das? Der 38-Jährige erforscht an der FH Kärnten unter anderem, wie Werbung im World Wide Web funktioniert.

So hat er für seine Dissertation Ärztebewertungsportale im Internet unter die Lupe genommen. Solche Plattformen werden üblicherweise von Patientinnen und Patienten zu Rate gezogen, die auf der Suche nach einem neuen Hausarzt oder nach einer medizinischen Spezialistin sind. Eines der Probleme, die Guetz erkannte: „Es wird, zumindest in Österreich, nicht überprüft, ob jemand, der eine Bewertung abgibt, den betreffenden Arzt oder die Ärztin tatsächlich konsultiert hat.“

Ein weiteres Phänomen: „Nur sehr wenige haben selbst schon eine Bewertung verfasst. Jene, die ein solches Portal befragen, vertrauen der persönlichen Meinung einer Minderheit.“ Bewertungen werden überdies fast immer nach dem ersten Praxisbesuch abgegeben. „Der medizinische Erfolg lässt sich zu diesem Zeitpunkt meist noch nicht abschätzen. Was bewertet wird, ist also nur selten die Fachkenntnis, sondern es sind Parameter wie Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen oder Wartezeit.“ Eine – gesunde – Skepsis sei also angebracht.

Weinflasche statt Nudelholz

Interessante Fakten serviert Guetz auch aus seiner Untersuchung zu den Backgewohnheiten im Lande. Fazit: Mit Omas Zeiten hat die Herstellung von Keksen und Kuchen kaum mehr etwas gemein. Anleitungen werden heutzutage vorwiegend online gesucht und nicht im Rezeptbuch nachgeschlagen. Behelfe wie das Nudelholz gibt es nicht mehr in jeder Küche, vor allem junge Menschen rollen den Teig gern mit einer Weinflasche aus. Guglhupf oder Vanillekipferln werden auch nicht nur verspeist, sondern mit Vorliebe zuvor per Handy fotografiert und auf Social-Media-Plattformen geteilt.

Mit Keksen ganz anderer Art befasst sich Guetz in seinem aktuellsten Projekt: Es geht um Cookies im Internet, also um jene „Spione“, mit denen Unternehmen Surfgewohnheiten erkunden, um zielgerichtet werben zu können. Solche Cookies kann man auf seinem Computer, Laptop oder Handy deaktivieren. Werbung bekommt man freilich trotzdem, nur eben nicht personalisiert. „Wir untersuchen Konzepte, wie Unternehmen trotzdem Werbung verschicken können, die den jeweiligen Nutzer auch wirklich interessiert“, skizziert Guetz das Forschungsziel.

»Wir untersuchen, wie Unternehmen Werbung verschicken können, die den jeweiligen Nutzer wirklich interessiert.«

Dass er einmal Forscher sein würde, hätte sich der Kärntner als Jugendlicher gar nicht gedacht, erinnert er sich heute. Nach dem Schulabschluss war er zunächst als Einzelhandelskaufmann tätig gewesen und hatte nebenher die Abendmatura an der Handelsakademie gemacht. Als er sich mit 27 als Student an der FH Kärnten einschrieb, war das Ziel eigentlich, sich für seinen Beruf weiterzubilden. Aber schon bald gewann das Interesse an der wissenschaftlichen Arbeit die Oberhand. Eine erfolgreiche Stellenbewerbung später begann seine Karriere im Bereich der Forschung.

Fremde Unis als Fotomotiv

In seiner Freizeit unternimmt der Vater zweier Kinder gern ausgedehnte Reisen mit der Familie. An Roadtrips in Schottland und Irland denkt er gern zurück, aber auch Italien ist eine bevorzugte Destination.

Und während andere ihre Kuchen fotografieren, hat sich Guetz auf ganz besondere Motive spezialisiert: „In fremden Städten lasse ich mich gern vor der dortigen Universität ablichten.“ Das habe auch schon für Missverständnisse gesorgt: „Kollegen haben mich sorgenvoll gefragt, ob ich mich dort etwa beworben hätte“, fügt der Kärntner augenzwinkernd hinzu. Zumindest vorerst bleibt er Villach jedoch treu: Im kommenden Jahr wird er die Leitung des neuen Bachelorstudienzweigs „Digital Marketing & Sales“ an der FH Kärnten übernehmen.

Zur Person

Bernhard Guetz (38) ist Lehrender und Forschender im Bereich Marketing & Business Development an der Fachhochschule (FH) Kärnten. Vor zwei Jahren gründete er zudem ein Consulting-Unternehmen, das Firmen bei der Erstellung und Umsetzung von Marketingstrategien unterstützt. Nebenbei unterrichtet Guetz auch am Wifi Steiermark.

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