Mein Freitag

So schaust du in Wien niemandem ins Gesicht

Es kann ja auch einmal gut gehen. Nichts ruiniert diesmal, nur ein Strohstern brannte kurz.

Diesmal war alles anders. Der Onkel hat keines der Geschenke beim Ausprobieren ruiniert, weder stürzte eine Drohne im Weingarten ab noch landete ein Flugobjekt im Kamin. Er war nämlich gar nicht da, dieses Jahr, aber sehr in unseren Gedanken. Auch sonst rissen sich alle zusammen, es musste später nach keinem Geldschein im Altpapiercontainer gesucht werden. Niemand hat geweint und es wurde auch niemandem schlecht. Nur ein Strohstern hat Feuer gefangen, aber der Wasserkübel stand gleich daneben.

Zuvor kamen wir nicht zu spät zur Kirche und konnten nebeneinander sitzen. Die Kinder genierten sich, weil ich das machte, wie es außerhalb der Großstadt üblich ist: alle Leute, die einen Platz suchend die Reihen abgehen, möglichst ausgiebig mustern. Es könnte ja jemand aus der Jugend dabei sein, nunmehr ergraut und mit großen Kindern, oder die Schwester von der Sowieso, die schon immer in der Kirche knallroten Lippenstift trug. Jemandem so ins Gesicht schauen wie hier, wenn du das in Wien machst, gibt es Probleme.

Neben den zahlreichen Kleinkindern waren noch viel mehr große Kinder in der Kirche, eine Tradition, die nicht abreißt, waren ihre Eltern doch auch schon als Kinder hier gewesen. Vor der Kirche dann frohe Wünsche in alle Richtungen und ein bisschen Getuschel: Waren das nicht die Dings? In die alten Gewohnheiten fällt man zurück wie in den alten Schritt, wenn man allein ist.

Nach den Feiertagsessen mittags die Beteuerung, nie wieder essen zu können und sich daraufhin beim Abendessen wieder über alles freuen, was da auf den Tisch kommt. Kurz wird gegessen, lang wird vorbereitet und noch länger dauert das Aufräumen der Küche. Dabei führt man dann auch die besten Gespräche. Deshalb tut man sich das immer wieder an.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

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