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Ifo-Studie: Europäische Nato-Staaten geben mehr Geld für Zinsen als für Verteidigung aus

Deutsche Soldaten bei einer Nato-Übung in Norwegen.
Deutsche Soldaten bei einer Nato-Übung in Norwegen.Jonathan Nackstrand
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Sieben der 25 europäischen Nato-Mitglieder haben höhere Zinszahlungen als Verteidigungsausgaben - allen voran Italien, sagt das Münchner Ifo-Institut. Nur zwei europäische Staaten schaffen hohe Verteidigungsausgaben und solide Staatsfinanzen.

Hohe Verteidigungsausgaben gepaart mit soliden Staatsfinanzen schaffen einer Studie zufolge nur zwei europäische NATO-Mitglieder. Von den 25 Staaten inklusive Schweden ist dies im abgelaufenen Jahr lediglich Estland und Litauen gelungen, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung des Münchner Ifo-Instituts hervorgeht.

Beide erreichten das NATO-Ziel von Verteidigungsausgaben in der Höhe von zwei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, während ihr Schuldenberg jeweils deutlich unter den in den europäischen Verträgen als Obergrenze festgelegten 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes blieb.

Deutschland verfehlt Ziele bei Verteidigung und Budget

Deutschland verfehlt demnach beide Ziele: Die Verteidigungsausgaben machen etwa 1,6 Prozent und die Staatsverschuldung 65 Prozent der Wirtschaftsleistung aus, so die Berechnungen. Finnland, Griechenland, Lettland, Polen, Rumänien, Slowakei und Ungarn gaben zwar mehr als zwei Prozent für Verteidigung aus. Sie hatten aber gleichzeitig eine Staatsverschuldung von mehr als 60 Prozent oder ein Budgetdefizit von mehr als drei Prozent, gemessen an der Wirtschaftsleistung. Diese EU-Grenzwerte waren zwar für 2023 ausgesetzt, gelten ab 2024 jedoch wieder.

Italien zahlt das Dreifache seiner Verteidigungsausgaben für Zinsen

„Wir haben das Niedrigzins-Umfeld verlassen“, sagte Ifo-Militärexperte Marcel Schlepper. „Dauerhaft höhere Verteidigungsausgaben können nur gemeinsam mit soliden Staatsfinanzen erreicht werden. Europa braucht eine fiskalische Zeitenwende.“ Schon heute würden sieben der 25 europäischen NATO-Staaten inklusive Schweden mehr Geld für Zinszahlungen als für Verteidigung ausgeben. An der Spitze steht demnach Italien: Dort bezahle der Staat fast das Dreifache seiner Verteidigungsausgaben für Zinsen. Auch Spanien, das Vereinigte Königreich und Ungarn geben fast das Doppelte ihres Verteidigungsbudgets für Zinsen aus.

Deutschland bewegt sich im Mittelfeld: Für Zinsen der Staatsschulden werde halb so viel ausgegeben wie für die Verteidigung. „Schulden erlauben zwar, kurzfristig auf Krisen zu reagieren, sind aber keine langfristige Lösung“, sagte Ifo-Forscher Niklas Potrafke.

Staaten könnten Ziele mit minimalen Anpassungen erreichen

Ifo-Berechnungen zufolge könnten mit Ausnahme von Luxemburg auch alle weiteren europäischen NATO-Staaten das Zwei-Prozent-Ziel mit minimalen Anpassungen erreichen. Die Regierungen müssten dazu etwa ein Prozent der Ausgaben in anderen Politikfeldern einsparen und für die Verteidigung verwenden. „Europa befindet sich in einem Dilemma“, sagte Ifo-Experte Florian Dorn. „Jeder verfügbare Euro wird sowohl für Verteidigung als auch für Investitionen sowie die Wirtschafts- und Klimatransformation benötigt.“ (APA/Reuters)

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