Gastkommentar

Klimaschutz: Veränderung statt Verzicht

Statt der Katastrophenszenarien gehört die Erzählung von der erneuerbaren Energiezukunft auf die Bühnen dieser Welt.

Die schlimmsten Befürchtungen, dass die UN-Klimakonferenz in Dubai (COP28) im Dezember ohne ein Ergebnis enden könnte, haben sich nicht bewahrheitet. Aber das Ergebnis reicht nicht aus, um unser hoffentlich gemeinsames, globales Ziel zu erreichen: die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu begrenzen. Dennoch gibt es einige Lichtblicke, die Anlass für Zuversicht geben, so zum Beispiel, dass es eine noch nie dagewesene finanzielle Verpflichtung gibt.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

>>> Mehr aus der Rubrik „Gastkommentare“

Einmal mehr hat sich die Klimakonferenz als Bühne für den Klimaschutz erwiesen. Anders als viele Stimmen im Chor derer, die diese Klimakonferenzen als aufgeblasen kritisieren, sehe ich diese Plattform gerade deswegen positiv. Sie mögen, wie zuletzt Professor Hans Joachim Schelln­huber sagte, ein „Jahrmarkt der Eitelkeiten“ sein. Aber gerade darin sehe ich eine Chance: Denn dem Klima ist es egal, ob sich die Protagonisten aus Eitelkeit oder aus ernster Sorge in ihren Bemühungen für den Klimaschutz übertreffen.

Ganz so weit sind wir noch nicht. Realistisch gesehen, werden die Darsteller der Größe der Bühne derzeit nicht gerecht. Noch reicht eine unterdurchschnittliche Darbietung aus, um als Klimaschützer Applaus zu bekommen. Doch es mehrt sich die Kritik im Publikum, fossile Protagonisten werden regelmäßig mit Buhrufen bedacht. Auf dieser globalen Bühne zu bestehen wird also härter, den Applaus zu verdienen wird zunehmend schwerer, das Auditorium wird kritischer.

Neues Stück für Weltbühne

Für die Zukunft sollten wir uns daher überlegen, welches Stück auf der Bühne gezeigt wird. Bisher werden stets Dramen gegeben, die in düsteren Szenarien Katastrophen ausmalen. Wahlweise wird dabei das Klima-Armageddon skizziert oder uns vor Augen geführt, worauf wir für den Schutz des Klimas vermeintlich verzichten müssten. Da wird allein schon die Reise zum Konferenzort zum Klimasündenfall hochstilisiert.

Die Geschichte der erneuerbaren Energiezukunft gehört auf die Bühnen dieser Welt. Erst wenn wir beginnen, sie zu erzählen und deutlich zu machen, welche Chancen sie bietet – vielleicht nicht mehr für uns, aber für unsere Nachkommen –, erschließt sich der Sinn. Nicht der Verzicht stiftet Sinn. Das Werk, das es zu vollenden gilt, macht Mut und motiviert zur Zukunftsgestaltung.

Eine echte Transformation

Hinzu kommt, dass sich die Belege mehren, dass grüne Technologien auch ökonomisch vielversprechend sind. Gerade China und die USA lassen keine Zweifel an ihren Ansprüchen aufkommen, sie streben nach der Vorherrschaft auf dem Weltmarkt. Ob Europa seine gute Ausgangsposition behaupten kann oder seinen Vorsprung aufgibt, wird sich zeigen. Alte, europäische Muster sind jedenfalls kein Schlüssel zum Erfolg.

An unrealistischen Zielvorgaben mangelt es wahrlich nicht – weder national noch europäisch noch global. Hinzu kommen Beispiele, dass mutige und entschlossene Gestalter der Energietransformation ausgebremst werden. So wird die Übung nicht gelingen. Wir brauchen eine echte Transformation. Dieser Prozess muss so gestaltet sein, dass wir ein klares Bild von einem Morgen haben, an dem wir unser Handeln ausrichten können. Dann kann es uns gelingen, bei dieser Operation am offenen Herzen stets die Versorgung aller wichtigen Organe sicherzustellen.

Wenn wir dann mit diesem Stück die Bühne der Klimakonferenz betreten, sind uns Standing Ovations ebenso sicher wie eine globale Sogwirkung zur Erreichung der Klima- und Energieziele. Vor allem aber: Statt Verzicht wird die Veränderung die Hauptrolle spielen.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Mag. Dr. Michael Strugl (*1963 in Steyr) ist seit 2021 Vorstandsvorsitzender der Verbund AG.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.