Architektur

Mehr (schönen) Platz für Fußgänger

Das Zu-Fuß-Gehen unterscheidet sich von den anderen Fortbewegungsformen dadurch, dass alle Sinne am Gehen beteiligt sind.
Das Zu-Fuß-Gehen unterscheidet sich von den anderen Fortbewegungsformen dadurch, dass alle Sinne am Gehen beteiligt sind.McPHOTO/B. Leitner via www.imago-images.de
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Was nützen optimierte Ampelphasen, Barrierefreiheit und breitere Gehsteige, wenn der öffentliche Raum per se unattraktiv ist? Straßenzüge sind verödet, es fehlt an schattenspendenden Bäumen und unversiegelten Flächen, auf denen Fußgänger rasten können.

Wien wächst rasant. Von 2012 bis 2021 betrug das Bevölkerungswachstum im Schnitt 21.500 Personen pro Jahr. Der öffentliche Raum wird dabei zu einer umkämpften Ressource. Er ist Teil des Verkehrssystems, aber zugleich ein Raum zum Flanieren, ein öffentliches Wohnzimmer im Freien und mit seinen Gärten, Parks und städtischen Landschaftsräumen ein Ort, der uns das Paradies in Erinnerung rufen kann. In Wien wurden nach Erhebung der Wiener Linien im Jahr 2022 26 Prozent aller Wege mit dem Pkw, 35 Prozent zu Fuß und 30 Prozent mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zurückgelegt. Die restlichen ­Prozent entfallen auf den Fahrradverkehr. Bemerkenswert ist, dass der Anteil des Fußgängerverkehrs seit 2019 um neun Prozentpunkte gewachsen ist.

Das sind im internationalen Vergleich gute Werte, auch wenn Städte wie Amsterdam beweisen, dass ein Anteil des Fahrrads von 50 Prozent möglich ist. Dieser Wert geht dort jedoch nicht auf Kosten des Pkw, dessen Anteil etwa gleich hoch ist wie in Wien, sondern auf Kosten des öffentlichen Verkehrs. In Wien sollte das Bevölkerungswachstum durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in neue Stadterweiterungsgebiete und durch eine Erhöhung des Rad- und Fußgängeranteils auf Kosten des Pkw bewältigbar sein. Der aktuelle Stadtentwicklungsplan sieht vor, dass 2025 nur noch 20 Prozent aller Wege mit dem Auto zurückgelegt werden.

Auch ein Beitrag zum Klimaschutz

Noch ist Wien aber eine Stadt, deren öffentlicher Raum vom Pkw dominiert wird. Um das zu ändern, betreibt die Stadt Wien seit 2011 eine Mobilitätsagentur zur Förderung des Radverkehrs, in die seit 2013 auch der „Fußverkehr“ inkludiert ist. Dieser Begriff klingt seltsam, als wären da isolierte Füße unterwegs, die man vom Körper abmontieren könnte. Das Zu-Fuß-Gehen unterscheidet sich aber von den anderen Fortbewegungsformen gerade dadurch, dass alle Sinne am Gehen beteiligt sind. Pkw-Fahrer sind in ihrer Konserve eingeschlossen und körperlich kaum an der Bewegung beteiligt; Fahrradfahrer müssen vor allem in der Stadt den Großteil ihrer Aufmerksamkeit aus blankem Überlebenswillen ihrer unmittelbaren Umgebung widmen. Nur Fußgänger haben zumindest die Chance, den öffentlich Raum aufmerksam zu erfassen und zu genießen. Daher sollte die Perspektive der Fußgänger jene sein, mit der sich Stadtplanung und Stadtgestaltung am intensivsten befassen. In der Konkurrenz um Raum und Geld musste sich der Fußgängerverkehr aber bis vor wenigen Jahren ganz hinten anstellen.

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