Mein Dienstag

Im Regen spazieren

Manche Orte sollte jeder Mensch gesehen, gehört, gerochen und gespürt haben. Der Platz rund um den Eiffelturm in Paris gehört zu diesen Orten.
Manche Orte sollte jeder Mensch gesehen, gehört, gerochen und gespürt haben. Der Platz rund um den Eiffelturm in Paris gehört zu diesen Orten.APA / AFP / Ludovic Marin
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Auszeiten und freudlose Phasen gehören zum Leben. Eine spektakuläre Rückkehr aber auch.

Es gibt da diese Szene in Regisseur Luc Bessons „Léon – Der Profi“ aus dem Jahr 1994. „Du hast mir gezeigt, wie schön das Leben ist“, sagt Léon (Jean Reno) zu Mathilda (Nathalie Portman). „Ich möchte mein Leben genießen, in einem Bett schlafen, eine Familie haben. Du wirst nie mehr allein sein, Mathilda.“

Léon ist nämlich Auftragsmörder und führt ein einsames, tristes Leben. Statt in einem Bett schläft er sitzend auf einem Sessel, sein einziger „Freund“ ist eine Topfpflanze, die – wie er sagt – „keine Wurzeln hat, wie ich“.

Der zwölfjährigen Mathilda gelingt es aber mit ihrer kindlichen Offenheit, seine Lebensgeister zu wecken. Wieder in einem Bett schlafen zu wollen ist die perfekte Metapher dafür.

Was das bedeutet? Nun … im Regen spazieren zu gehen; an einem Strand den Sonnenuntergang zu beobachten; auf einem Berg den Sonnenaufgang zu beobachten; nach Barcelona zu fliegen; ein Rockkonzert zu besuchen; am Küchentisch absurde nächtliche Gespräche zu führen und die Kultur des Versumpfens zu zelebrieren; in einer Disco in völliger Ekstase zu „It’s My Life“ von Bon Jovi zu tanzen, nach New York zu fliegen; an einem Lagerfeuer intime Gedanken auszutauschen; einen Roadtrip mit unbekanntem Ziel zu unternehmen; Beachvolleyball zu spielen; nach Paris zu fliegen; eislaufen zu gehen und die Charaktere in „Serendipity“ zu sezieren; in einem Sommerkino „La La Land“ zu schauen, ein Tennismatch auf Rasen auszutragen; nach Edinburgh zu fliegen; ein Musikfestival zu besuchen und mit fremden Menschen zu picknicken; während eines Kabaretts so lang zu lachen, bis einem die Tränen kommen; eng umschlungen einzuschlafen und aufzuwachen; nach Istanbul zu fliegen; alle möglichen Wassersportarten auszuprobieren, weil im Wasser einfach alles doppelt so viel Spaß macht; ein Bild zu zeichnen, einen langen handgeschriebenen Brief zu verfassen, nach Rom zu fliegen; Zeit mit Pferden zu verbringen, weil sie Stärke und Sanftmut vereinen wie kein anderes Wesen auf diesem Planeten; kleine Steine über das Wasser springen zu lassen, jemanden atemlos und zitternd zu küssen; nach London zu fliegen.

Und das alles in verliebtem Zustand.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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