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Wenn Samen von Bäumen nicht weit kommen, weil Schlangen die Vögel ausgerottet haben

Nashornvögel gelten als „Farmer der Wälder“, weil sie Samen weit verfrachten.  
Nashornvögel gelten als „Farmer der Wälder“, weil sie Samen weit verfrachten.  Chalinee Thirasupa /REUTERS / picturedesk.com
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Über die Hälfte der Pflanzen überlässt Tieren das Verbreiten von Samen. Aber deren Biodiversitäts schwindet. Das macht Pflanzen das Wandern schwerer.

Weil Pflanzen sich nicht von ihrem Ort weg bewegen können, brauchen sie zu ihrer Verbreitung andere Strategien, manche vertrauen ihre Samen dem Wind an, andere setzen auf Tiere, denen sie sich entweder als blinde Passagiere mit Kletten etc. anheften, oder denen sie eine Gegenleistung anbieten: Manche verzuckern ihre Samen, um sich von Ameisen verfrachten zu lassen, andere betten sie in Fruchtfleisch, über das sich alle erdenklichen Tiere her machen, die Kerne setzen sie mit dem düngenden Kot irgendwo ab, die Passage durch den Darm fördert obendrein oft die Keimfähigkeit.

Endozoochory heißt dieses Zusammenspiel mit Früchtefresssern, das erdweit über 50 Prozent aller Pflanzen praktizieren – Haldre Rogers und Evan Fricke haben es in einer Übersicht bilanziert (Annual Reviews of Ecology, Evolution and Systematics 52, S. 641) –, auf das sich bei uns Stare und Dachse so gerne einlassen wie in den Tropen Nashornvögel – die bis zu 13 Kilometer weit verfrachten und als „Farmer der Wälder“ gelten (Acta Oecologica 103, 103482) –, auch Schimpansen sind mit dabei, zur Freude von Menschen, denn sie verbreiten Samen einer auch von ihnen geschätzten Frucht (Saba seneggalensis), wieder Rogers hat es erhoben (Biotropics 54, S. 656).

Auf Guam kommen Samen von Bäumen nicht weit, weil Schlangen die Vögel ausgerottet haben

Aber all das kann ein Ende nehmen, erdweit ein schleichendes durch die schwindende Biodiversität der Fauna, regional ein abruptes: Als gegen Ende des 2. Weltkriegs mit dem US-Militär Baumnattern auf die schlangenfreie Insel Guam kamen, machten sie sich über die Tierwelt her, vor allem die fliegende und in Bäumen nistende ist heute fast völlig ausgerottet. Aber dabei blieb es nicht, das bemerkte Rogers, als sie 2002 als Studentin nach Guam kam und die Schlangen im Auge halten sollte: „Das ließ mich lange Zeit auf Bäume starren“, erinnert sich die heute an der Iowa State University arbeitende Forscherin gegenüber dem Knowable Magazine (26. 10.): „Dabei bemerkte ich die Unterschiede zwischen den Wäldern auf Guam und denen auf anderen Inseln“: Auf Guam wurden die Früchte der Bäume nicht mehr verfrachtet – weil es kaum noch Vögel gab und ganze 50 Fledermäuse –, sie fielen zu Boden und hatten in der Konkurrenz mit ihresgleichen und im Schatten der alten Bäume, die zudem oft den Boden um sich herum vergiften wie bei uns die Nussbäume, wenig Chancen (Nature Communications 8, 14557).

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