Staatsballett

Tschaikowski, ungenutzt: Inhomogenes „Dornröschen“

Elena Bottaro (l.) als Dornröschen, Ketevan Papava und Eno Peçi (M.) als Königspaar und Ioanna Avraam als Fliederfee.
Elena Bottaro (l.) als Dornröschen, Ketevan Papava und Eno Peçi (M.) als Königspaar und Ioanna Avraam als Fliederfee.Staatsballett/Ashley Taylor
  • Drucken

Martin Schläpfers Version des Ballettklassikers ist voller Fremdkörper: Szenen und Stile prallen aufeinander. Die Solistinnen und Solisten machen den Abend sehenswert.

Das Wiener Staatsballett hat eine neue Serie von „Dornröschen“ gestartet – in der inhomogenen, oft langatmigen Version seines Chefs Martin Schläpfer. Bei der Uraufführung 2022 wurde geringe Repertoiretauglichkeit attestiert, nun verkauft sich die Produktion zwar sehr gut, sie wirkt aber nach wie vor uneinheitlich, nicht nur vom Niveau der Tänzerinnen und Tänzer her.

Eigentlich wollte Schläpfer den Ballettklassiker zur Musik von Piotr I. Tschaikowski neu und modernisiert auf die Bühne bringen, er bediente sich jedoch in entscheidenden Passagen des Öfteren der berühmten Choreografie von Marius Petipa. Nicht nur dadurch erscheint der Abend voller Fremdköper. Szenen wie jene, in der Waldfrau und Faun zu zeitgenössischer Musik vom Band unbändige Bewegungsmuster zeigen, treffen auf elegant-schwelgerische klassische Pas de deux, die wiederum durch harte Moves konterkariert werden. Auch wie Pagen am Hof vor projizierten Riesenrosen auf Sessel einschlagen und sich abrupt auf die Unterschenkel fallen lassen, wirkt kantig und unmotiviert. Schläpfer gelingt es nicht, die verschiedenen Szenen und Stile miteinander in Verbindung zu bringen.

Eine Gesamtlinie sucht man vergeblich

Zudem bleibt unverständlich, wie der Choreograf oft musikalische Impulse der herrlichen Komposition von Tschaikowski ungenutzt lässt. Akzente werden ignoriert, zu fließender Melodie wird abgehakt getanzt, zu aufbäumenden Klängen gestanden und gewartet. Eine Gesamtlinie sucht man vergeblich.

Dass es Schläpfer ein Anliegen war, Charaktere genauer herauszuarbeiten, sieht man unter anderen beim Königspaar, das in einem auf fließende Bewegungen setzenden Pas de deux von einem Kind träumt. Ketevan Papava konnte als Königin an der Seite von Eno Peçi Eleganz und Willensstärke gleichermaßen zeigen. Elena Bottaro stellte sich meist souverän den hohen Anforderungen der Titelfigur, Brendan Sayes Prinz wirkte daneben reichlich blass. Glänzen konnten (wieder in Petipas Originalchoreografie) Arne Vandervelde als Blauer Vogel und Kiyoka Hashimoto als Florine. Ioanna Avraam sorgte als federleicht wirkende Fliederfee für Eleganz, Gala Jovanovic als Carabosse für Furor.

Gelungenes Rollendebüt: Natalya Butchko

Unter den Rollendebütantinnen fiel Natalya Butchko als Fee Violente mit Geschmeidigkeit und technischer Genauigkeit besonders auf. In den Soli der Feen und so mancher Festgäste war es offensichtlich Schläpfers Ziel, Stärken seiner Tänzerinnen und Tänzer herauszuarbeiten. Doch durch ihre große Zahl bekommt all das Revuecharakter, wobei das Niveau sehr unterschiedlich ist. Feierlich lässt man den Abend mit einer Versöhnung mit der bösen Fee und einem großen Fest zu Ende gehen, wobei hier das synchrone Agieren des Ensembles besser funktionierte als in manch anderen Momenten.

Unter dem anfangs zu pompösen Dirigat von Patrick Lange, der aber über weite Strecken den Zauber von Tschaikowskis Musik zu vermitteln vermochte, sind es die Solistinnen und Solisten, die den Abend sehenswert machen. Nächste Vorstellungen: 23., 25. und 26. Jänner.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.