Energie

Kein heilsamer Schock: 50 Jahre Ölpreiskrise

Spaßvogel, als Ölscheich verkleidet. Deutschland im Krisenwinter 1973/74.
Spaßvogel, als Ölscheich verkleidet. Deutschland im Krisenwinter 1973/74. Ullstein Bild/Getty Images
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Es kommt einem heute bekannt vor: Plötzlich stiegen im Winter 1973/74 die Preise für fossile Treibstoffe rasant an. Kurze Zeit herrschte Panik, „die Araber“ waren die Sündenböcke. Das Krisengerede blieb aber ohne Wirkung. 

Vor 50 Jahren war das Wort „Zeitenwende“ auch schon beliebt. Man sprach von einem großen Umbruch. Wegen der Solidarität des Westens mit Israel im Jom-Kippur-Krieg hatten die Araber im Herbst 1973 die Erdölförderung gedrosselt. Doch die meisten Staaten waren von einem Lieferboykott gar nicht betroffen, weder die Bundesrepublik Deutschland noch Österreich, sehr wohl aber die USA. Trotzdem kam es zu Verknappungen, vor allem aber, und das überall, zu einem rasanten Preisanstieg. Ohne Anführungszeichen sollte man daher über die „Ölkrise“ im Winter 1973/74 gar nicht schreiben, meinen manche Historiker, es war eher eine „Ölpreiskrise.“ Die Opec hatte die Lieferungen in den Westen gerade einmal um fünf Prozent gedrosselt. Es gab keinen Mangel an Energie, trotzdem sprach man von „Ölkrise“, in der Annahme, die Erdölvorräte stünden vor der Erschöpfung.

Jedenfalls gab es einen Überschuss an wirkungslosem Krisengerede. Das hatte psychologische Auswirkungen. Mancher verängstigte Zeitgenosse versuchte, sich durch Hamsterkäufe rechtzeitig mit Sprit einzudecken. Ein regionaler Krieg im Nahen Osten schien die Stabilität im Herzen Europas zu gefährden. War das die volle Wucht der Globalisierung, die hier zum ersten Mal nach 1945 spürbar geworden war? Es sei schwierig, sich „in die Seele von Arabern zu versetzen“, sagte ein Ökonom. Zeitungen schrieben „Europa unter Druck“, kreierten das Wort „Ölangst“. War das Wirtschaftswunder der westlichen Industrienationen etwa auf der Basis einer ungesunden Abhängigkeit aufgebaut worden? Fragen, die man sich 50 Jahre später wieder stellt. Viel dazugelernt hat man nicht.

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