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Novartis und Roche: Schweizer Pharma-Duo sucht Anschluss

Roche braucht den Durchbruch bei einem neuen Medikament, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen.
Roche braucht den Durchbruch bei einem neuen Medikament, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen.Dado Ruvic/Reuters
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Die beiden Schweizer Branchenriesen Roche und Novartis machen etwa 30 Prozent des Schweizer Aktienmarktes aus. Sie dominieren eine umkämpfte Branche.

In Basel stehen die Zentralen der Pharmagiganten Roche und Novartis an gegenüberliegenden Rheinufern nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Ihre Versuche, zu alter Stärke zurückzukehren, könnten unterschiedlicher kaum sein. Die beiden Schweizer Traditionsunternehmen ringen mit je eigenen Schwierigkeiten bei Forschung und Management, das fundamentale Problem der Branche beschäftigt sie aber beide: Wie kann man einerseits Aktionäre zufriedenstellen und andererseits weiter wachsen, während man dem nächsten – oft langwierig und teuer herzustellenden – Blockbuster-Medikament hinterherjagt? Auf der Suche nach einer Antwort verfolgen beide unterschiedliche Ansätze.

Roche braucht den Durchbruch bei einem neuen Medikament, um wieder mit der Konkurrenz gleichzuziehen und das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Der Einbruch seiner Aktien hat den Konzern allein in den vergangenen zwei Jahren 130 Milliarden Franken an Marktwert gekostet. Dabei leidet Roche immer noch unter einer Entscheidung von vor mehr als einem Jahrzehnt, als gleich drei Diabetes- und Cholesterinmittel sich kurz hintereinander als Nieten erwiesen und das Unternehmen sich aus diesem Bereich komplett zurückzog. Genau diese neue Klasse von Medikamenten – die sogenannten GLP-1s – sind inzwischen dank der Trend-Mittel Wegovy und Ozempic von Novo Nordisk in aller Munde und auf dem Weg, die umsatzstärksten Medikamente aller Zeiten zu werden.

Ein schwacher Trost für Roche, dass auch Lokalrivale Novartis einige Jahre später den Markt aufgab, als sein Diätmedikament nicht genug Gewichtsverlust brachte. Führungskräfte und Wissenschaftler von Roche sagen hinter vorgehaltener Hand, dass das Unternehmen damals die falsche Entscheidung getroffen hat. Aber es scheint, als hätten sie ihre Lektion gelernt. Im Vorjahr musste die Roche-Geschäftsleitung ihrer Eigentümerfamilie Hoffmann-Oeri einen anderen Flop erklären. Nach einem Jahrzehnt klinischer Arbeit mit Tausenden von Teilnehmern führten die Studien zu neuen Alzheimer-Therapien in eine Sackgasse, was Roche gegenüber der Konkurrenz um Jahre zurückwarf.

Kein Einzelfall

Der Alzheimer-Rückschlag war kein Einzelfall. Roche hat eine Reihe von Misserfolgen erlitten. Auch Novartis befindet sich an einem Wendepunkt und versucht, sich von Fehltritten zu erholen. Der Beginn der Amtszeit von Chef Vas Narasimhan war unruhig, Umstrukturierungen verunsicherten die Mitarbeiter, die Aktien konnten sich aber dennoch besser entwickeln als die von Roche. Die Aktien von Novartis stiegen im vergangenen Jahr um rund sieben Prozent und lagen damit auf dem Niveau des Bloomberg Europe 500 Pharmaceuticals Index. Im Vergleich dazu fielen Roches Werte um 16 Prozent, nachdem die Papiere 2022 bereits um 23 Prozent abgesackt waren.

Roche und Novartis machen etwa 30 Prozent des Schweizer Aktienmarktes aus und bringen beide jeweils mehr als doppelt so viel an Marktkapitalisierung auf die Waage wie die Großbank UBS. Unter Narasimhan hat Novartis Kapital an die Aktionäre ausgeschüttet, Stellen abgebaut und sich auf eine Handvoll potenziell umsatzstarker Entwicklungsbereiche konzentriert. Doch der ständige Wandel hat die Mitarbeiter ermüdet und desillusioniert, nicht wenige haben die Flucht ergriffen. Das Chaos nahm zu, nachdem die experimentellen Medikamente fehlschlugen – am Ende wurden die Reformen wieder rückgängig gemacht, heißt es. Narasimhan argumentiert, dass sich seine Bemühungen langsam auszahlen.

Er verweist dabei auf die schnelle Umstellung bei einer CAR-T-Therapie, die ursprünglich für Leukämie entwickelt wurde, und nun an Patienten mit der Autoimmunerkrankung Lupus getestet wird. Einige seiner Übernahmen haben die Erwartungen der Anleger freilich nicht erfüllt. Sein größter Kauf, die 8,9 Mrd. Euro teure Übernahme von Medicines 2019, brachte ein Herzmedikament namens Leqvio hervor. Es gewann nur mühsam Marktanteile, weshalb Novartis seine Erwartungen zurückschraubte. Die Erfolgsbilanz von Novartis bei Geschäftsabschlüssen war „bestenfalls dürftig”, sagt David Samra vom Fondsmanager Artisan Partners. (Bloomberg)

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