Handball-EM

Österreich auf der Suche nach dem ganz großen Wurf

Mykola Bilyk hat sich mit Österreich hohe Ziele gesetzt.
Mykola Bilyk hat sich mit Österreich hohe Ziele gesetzt.APA / APA / Eva Manhart
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Erstmals seit der EM 2010 hat Österreich bei einer Endrunde gegen einen favorisierten Gegner angeschrieben. Was ein Remis gegen Kroatien bedeuten kann und warum der Glaube für noch größere Erfolge da ist.

Da war es plötzlich: das so oft zitierte Potenzial des österreichischen Handballs kam bei der EM in Deutschland eindrucksvoll zur Geltung. Das Männer-Nationalteam trotzte Kroatien ein überraschendes 28:28 ab und schielt nun sogar auf die ganz große Sensation. Heute (20.30 Uhr, live ORF Sport+) würde im finalen Duell der Vorrundengruppe B gegen Spanien ein Remis reichen, um das Ticket für die Hauptrunde zu lösen.

Obschon die Aufgabe gegen den Vizeweltmeister keine einfache wird – Österreich ist in einer Position, in der Träumen erlaubt ist. „Wenn alles perfekt läuft, können wir solche Mannschaften schlagen. Wir können noch mehr“, meinte Flügelspieler Sebastian Frimmel. „Ich glaube jeden Moment dran“, war auch Abwehrchef Lukas Herburger überzeugt.

Dieses Selbstverständnis war in der jüngeren Vergangenheit nicht immer der Fall. Stets lief man dem größten Erfolg der Verbandsgeschichte, WM-Silber 1938, hinterher. Auch die Heim-EM 2020, bei der mit Rang acht das seither beste Ergebnis bei einem Großereignis eingefahren wurde, machte bloß kurz Hoffnung. 2022 enttäuschte man als EM-20. auf ganzer Linie.

Viel hängt von der Liga ab

Die Frage nach dem Warum beschäftig die heimische Handballszene seit jeher. Warum kommt eine Sparte, die rundum Österreich als Weltsportart gilt – und auch so gelebt wird – hierzulande nicht über ihr Nischendasein hinaus? Vor allem, da zahlreiche Österreicher in den besten Ligen der Welt als Legionäre zuweilen Schlüsselrollen einnehmen. Einer davon, Mykola Bilyk, hatte die Ziele für diese EM klar formuliert: „Wir wollten unbedingt schaffen, bei diesem Turnier einem Großen etwas mitzunehmen. Das haben wir heute als Team gemeistert. Das macht mich unfassbar stolz, weil diese Mannschaft so viel Potenzial hat. Heute haben wir viel davon zeigen können“, sagte der Spieler des THW Kiel, nachdem er mit sieben Toren gegen Kroatien zum „Man of the Match“ gewählt worden war.

Ob eben jenes Potenzial nun langfristig genützt werden kann, hängt wohl auch von der Zukunft der heimischen Handball Liga Austria ab. Dass sich mit Westwien der amtierende Meister vor der laufenden Saison aus dem Profigeschäft zurückgezogen hat, spricht Bände für die immer noch von Turnsaalflair umgebene Liga. Sechs Legionäre stehen im 18-Mann-Kader der aktuellen EM. Auf der Suche nach dem ganz großen Wurf müssen es wohl mehr werden – oder die Liga im internationalen Vergleich aufholen. In der Rangliste für die EHF European League 2023/24 liegt Österreich nur auf Rang 14, unter anderem hinter Ungarn, Nordmazedonien, Slowenien, der Schweiz, Kroatien und Polen.

In Sachen öffentlicher Wahrnehmung kann bis dahin das Remis gegen Kroatien – vergleichbar mit einem Unentschieden der Wiener Austria gegen Real Madrid im Fußball – definitiv helfen. (stm)

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