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Fake-Produkte kosten Österreichs Wirtschaft fast 800 Mio. Euro pro Jahr

Immer mehr nachgemachte Marken-Kleidung wird in Österreich verkauft.
Immer mehr nachgemachte Marken-Kleidung wird in Österreich verkauft.Imago
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Wegen der Teuerung greifen immer mehr Menschen zu günstigeren Nachmach-Produkten. Vor allem online boomt das Geschäft mit gefälschter Ware. Alleine der Bekleidungsindustrie entgehen in Österreich 580 Millionen Euro.

Europäische Hersteller von Bekleidung, Kosmetik und Spielwaren erleiden durch nachgemachte Waren jährlich Umsatzverluste in Höhe von rund 16 Milliarden Euro. Zudem gingen durch solche Betrügereien rund 200.000 Arbeitsplätze verloren, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie der EU-Agentur für geistiges Eigentum (EUIPO) im südspanischen Alicante hervorgeht.

„Nachgeahmte Waren verursachen reale Kosten – für Verbraucher, für Marken und für unsere Volkswirtschaften. Diese jüngste Studie zeigt die sehr realen Kosten in Bezug auf die Umsatz- und Arbeitsplatzverluste in der EU auf“, schrieb der Exekutivdirektor der EUIPO, João Negrão. Die EU-Behörde geht in ihren Berechnungen davon aus, dass illegale Firmen, die gefälschte Waren herstellen und vertreiben, weder registriert sind noch Steuern zahlen und ein großer Teil davon dem organisierten Verbrechen zuzuordnen ist.

Bekleidungssektor am stärksten betroffen

Der volkswirtschaftliche Schaden durch Fake-Produkte ist in Österreich überproportional hoch. Insgesamt 784 Millionen Euro gehen der heimischen Wirtschaft durchschnittlich pro Jahr verloren, heißt es in der Studie. Am größten sind die Auswirkungen auf den Bekleidungssektor: 580 Mio. wurden im jährlichen Durchschnitt von 2018 bis 2021 mit gefälschten Kleidungsstücken umgesetzt – das entspricht 7,7 Prozent der in Österreich generierten Umsätze im Modehandel. Das würde auch den Verlust von rund 4300 Arbeitsplätzen im heimischen Bekleidungssektor bedeuten. Bei den Zahlen handelt es sich um Verletzungen des geistigen Eigentums, also illegale Markenfälschungen.

Auch die heimische Spielzeugindustrie sowie der Kosmetik-Sektor werden von ausländischen Fake-Produkten geflutet. So gehen der Kosmetikindustrie 133 Mio. oder 5,9 Prozent ihres Gesamtumsatzes verloren. Auch hier ergebe sich dadurch ein Verlust von rund 1000 Arbeitsplätzen, so die EUIPO-Studie.

Noch stärker sind die Auswirkungen in Relation auf die heimische Spielzeugindustrie: Fast jeder zehnte (9,8 Prozent) in der Branche umgesetzte Euro geht auf das Konto von gefälschten Produkten. Das bringt der Branche Umsatzeinbußen von 71 Mio. Euro pro Jahr ein, 191 Arbeitsplätze gehen dadurch verloren.

Europäischer Modeindustrie entgehen fast zwölf Milliarden Euro

Der Studie zufolge ist die deutsche Spielzeugindustrie mit einem Drittel der jährlichen Umsatzeinbußen (334 Millionen Euro) durch gefälschte Waren in der EU einer der am stärksten betroffenen Wirtschaftszweige. Bei Bekleidung sei Zypern am stärksten von Fälschungen betroffen, bei Kosmetika Frankreich. In absoluten Zahlen seien die Auswirkungen in der Bekleidungsindustrie auf europäischer Ebene am negativsten. Sie verliere jährlich fast zwölf Milliarden Euro an Einnahmen, was 5,2 Prozent des gesamten Umsatzes ausmache.

Auch der europäische Kosmetiksektor und die Spielzeugindustrie wiesen aufgrund gefälschter Markenprodukte deutlich geringere Umsätze auf: Die Verluste beliefen sich auf drei Milliarden Euro bei Kosmetika (4,8 Prozent des Umsatzes) und eine Milliarde Euro bei Spielwaren (8,7 Prozent des Umsatzes).

Fast 200.000 verlorene Arbeitsplätze in Europa

Im Bereich Arbeit hat die Produktfälschung ebenfalls erhebliche negative Auswirkungen. Dem Bekleidungssektor gehen der EUIPO-Studie zufolge, die sich auf Daten aus den Jahren 2018 bis 2021 stützt, 160.000 Arbeitsplätze verloren, im Kosmetikbereich sind es 32.000 und im Spielzeugsektor 3600 weniger Beschäftigte.

Zugleich stellten gefälschte Markenartikel oft auch schwerwiegende Gesundheits- und Sicherheitsprobleme für die Verbraucher dar. Dies gelte vor allem für nachgemachte Kosmetika und Spielwaren. Nach Angaben von EUIPO entfielen 15 Prozent der 2022 an den EU-Außengrenzen beschlagnahmten Waren auf potenziell gefährliche weil gefälschte Produkte.

Immer mehr Akzeptanz für gefälschte Produkte

Der wichtigste Grund, warum Verbraucher zu nachgemachten Produkten griffen, sei ein als zu hoch empfundener Preis für das Original. Das gehe aus einer Studie des EUIPO vom vergangenen Juni hervor. Demnach halte es ein Drittel der Europäer für akzeptabel, in einem solchen Fall ein gefälschtes Produkt zu kaufen. Bei jungen Menschen steige dieser Anteil sogar auf die Hälfte, schrieb die EUIPO, eine der größten dezentralen Agenturen der Europäischen Union, die für die Eintragung der Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster zuständig ist. Neue aufstrebende Onlinehändler aus China – wie Temu oder Shein – tragen stark zu einem Import-Anstieg gefälschter Produkte nach Europa bei. (fre)

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