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Werden Männchen zur besseren Orientierung erzogen?

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Eine bessere Orientierungsfähigkeit soll nicht angeboren, sondern antrainiert worden sein, schließen Forschende aus den USA.

Zahlreiche Studien und Metastudien sind bereits zu dem Ergebnis gekommen, dass Männer und Männchen in diversen Arten einen leichten Vorteil haben, wenn es um räumliche Orientierung geht. Doch ist der Grund dafür evolutionär oder soziokulturell bedingt? Eine jüngst im „Royal Society Open Science“ veröffentlichte Studie will weiter Aufschluss zur die Frage geben.

Eine These hinsichtlich der Unterschiede im Orientierungsvermögen geht davon aus, dass in Arten, wo der Mann oder das Männchen im Alltag größere Distanzen zurücklegen muss als die Frau bzw. das Weibchen, etwa um sich weiter zu reproduzieren oder weil Männchen für die Nahrungssuche zuständig sind, der Orientierungssinn weiter ausgeprägt ist. Genauso müsste es sich dann auch Verhalten, wenn das Weibchen einer Art weitere Distanzen zurücklegt. Diese Fähigkeit werde dann genetisch weitergegeben. Demnach wäre unter den Menschen der Mann grundsätzlich im Vorteil, weil er schon in Urzeiten längere Wege beim Jagen zurücklegen musste.

Diese Hypothese wird allerdings von der jüngst publizierten Studie von einem Team rund um den Psychologen Justin Rhodes angezweifelt, zum einen mit dem Argument, dass etwas so komplexes wie der Orientierungssinn selten nur an einem einzigen Gen oder den Geschlechtschromosomen festgemacht werden kann.  Untermauern soll dies der Fakt, dass in 21 untersuchten Arten – auch bei Tierarten, bei denen die Weibchen über einen größeren Lebensraum verfügen – die Männchen etwas besser im Navigieren waren.

Die für die Forschenden naheliegendere Hypothese geht also davon aus, dass es soziale und kulturelle Faktoren gibt, die den Orientierungssinn in einem der beiden Geschlechter begünstigen. Weil also Männer anders sozialisiert werden als Frauen, haben sie zum Beispiel mehr Erfahrung mit Übungen rund um die Orientierungsfähigkeit.

So ist es etwa in menschlichen Gesellschaften, wo Männer zum größeren Teil mit der Nahrungssuche betraut sind häufig so, dass sie auch die besser Orientierungsfähigkeit aufweisen, etwa bei den Temne, Hadza, Twe und Himba. Diese Unterschiede verschwinden allerdings in Gesellschaften, in denen beide Geschlechter lange Distanzen für die Nahrungssuche auf sich nehmen, etwa bei den Inuit, Tsimane oder den Mbendjele BaYaka. Das heißt, die Fähigkeit kann nicht vererbt worden sein, sondern muss kulturell erlernt worden sein.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Plastizität des Gehirns den Schlüssel für viele geschlechtsspezifische Unterschiede beinhaltet und künftig mehr Augenmerk auf die Rolle von Sozialisierung und Kultur anstelle von genetischen Faktoren in der Erforschung geschlechterspezifischer Unterschiede gelegt werden sollte. (sir)

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