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Nachwuchssorgen bei einem Flussjuwel

<em>Unio Crassus</em>
Unio Crassus© Wolfram Graf
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Die Fließgewässer im Raum Amstetten sind Heimatrevier für eine der am strengsten geschützten Muschelarten Europas. Der WasserCluster Lunz untersucht im Rahmen eines Forschungsprojekts welche Bedeutung die Gemeine Flussmuschel für Gewässerökosysteme hat und wie man sie schneller detektieren kann.

Viel Wasser fließt in und rund um Amstetten das Fließgewässernetzwerk der Ybbs hinunter. Dieses Fließgewässernetz ist aber auch Lebensraum einer Vielzahl von Tieren, unter anderem für Unio crassus, die Gemeine Flussmuschel. Was weit verbreitet klingt, ist zu einem europaweit streng geschützten Juwel „geschrumpft“, dessen Schutz sich unter anderem auch ein Forschungsprojekt des WasserCluster Lunz angenommen hat. Zusammen mit der Universität für Bodenkultur in Wien untersucht man die Bedeutung der Weichtiere für den Nährstoffhaushalt und die Artenvielfalt anderer Flusslandschaftsbewohner, beispielsweise Insekten. 

Denn die in den Sohlsedimenten heimischer Flüsse und Bäche einst weitverbreitet, aber weitgehend unauffällig lebenden Muscheln sind Teil eines komplexen und vor allem hochsensiblen Ökosystems. In ihm agieren sie als eine Art natürliche Kläranlage, indem sie bis zu einem halben Gramm Schwebstoffe aus einem Liter Wasser filtern. Je nach Temperatur und Nährstoffgehalt des Gewässers schaffen die bis zu zehn Zentimeter großen Tiere dabei bis zu zwanzig Liter pro Stunde.  

Der natürliche Lebensraum der Muscheln ist in jüngster Zeit aber Veränderungen ausgesetzt, die die meistverbreitete einheimische Muschelart in ihrem Bestand gefährden. Am augenscheinlichsten sind bauliche Eingriffe durch den Menschen, wodurch die Durchlässigkeit der Wasserläufe eingeschränkt und das natürliche Habitat verkleinert wird. Weniger bis nicht sichtbar sind Veränderungen, die unter der Wasseroberfläche stattfinden. So wirkt sich unter anderem das Fehlen bestimmter Fischarten auf die Muscheln und ihre Fortpflanzungsmöglichkeiten aus. 

Der Grund: Die gerade einmal ein Fünftel Millimeter kleinen Larven von Unio crassus heften sich mit winzigen Häkchen und einem Haftfaden zunächst an die Kiemen von Jungfischen, um dort zu reifen und sich im Flusslauf zu verteilen. Einmal vom Fisch gelöst werden sie nach drei bis vier Jahren geschlechtsreif. Fehlen diese Jungfische, fehlt den Muscheln ihre natürliche „Kinderstube“. Werden die „Verkehrswege“ der Fische durch Wehre, Dämme oder andere Verbauungen blockiert, klappt es auch mit der Verbreitung der Jungtiere nicht mehr. Dann kommt kein Nachwuchs mehr auf was in weiterer Folge zu einer Überalterung des Bestands – und am Ende zum Aussterben führt.

Galt die Gemeine Flussmuschel bis vor wenigen Jahren unter den knapp 30 heimischen Muscheln als die am häufigsten vorkommende Art, sind die Bestände in ganz Mitteleuropa mittlerweile auf kaum mehr als ein Zehntel zurückgegangen. Im Raum Amstetten werden daher im Rahmen des Forschungsprojekts große Anstrengungen unternommen, die dortige Population hochzuhalten, um dieses Juwel der europäischen Süßwasserfauna nachhaltig zu schützen. Das wollen die Forscher:innen auch damit erreichen, dass sie ein Umwelt-DNS Verfahren zum Nachweis der Muscheln entwickeln. Denn nur dort, wo die Bestände der Muschel erkannt werden, kann zu ihrem Schutze gehandelt werden.

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