Interview

Lena Schilling: „Ich mache das, obwohl ich manchmal Riesenschiss habe“

Die 23-jährige Klimaaktivistin Lena Schilling ist designierte Grünen-Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl.
Die 23-jährige Klimaaktivistin Lena Schilling ist designierte Grünen-Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl.Clemens Fabry
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Lena Schilling über ihr Demokratieverständnis, ihre Kritik an den Grünen, „alte Hawis“ wie Karl Marx – und Urlaube in Thailand.

Die Presse: Frau Schilling, Sie schrieben in Ihrem Buch, dass Wahlen „relevant, aber zahnlos“ seien und die Demokratie nicht fördern. Jetzt kandidieren Sie selbst für eine bundesweite Wahl. Warum?

Lena Schilling: Also, Demokratien fördern sie auf jeden Fall. Die Conclusio in meinem Buch ist, dass wir beides brauchen: Bewegungen, die auf der Straße kämpfen, und Parteien, die in Parlamenten kämpfen. Wir haben 50 Jahre über die Klimakrise geredet und sind immer noch nicht an den Punkt gekommen, dass wir ihr mit der notwendigen Ernsthaftigkeit begegnen. Die Parteien alleine haben nicht die richtigen Schlüsse gezogen. Da war es eben mein Punkt, dass wir nur durch Wahlen alleine die großen gesellschaftlichen Probleme nicht lösen können.

Wie meinen Sie das überhaupt, dass Wahlen, also Grundpfeiler der Demokratie, zahnlos und nicht demokratiefördernd sind?

Sie sind extrem relevant. Ich bin ja auch glühende Demokratin und dafür trete ich an. Aber es braucht gesellschaftlichen Druck und dann die richtigen Parteien im Parlament, die sich dafür einsetzen. Es sind nicht „die da oben“, die Entscheidungen treffen, wir alle haben die Verpflichtung, Demokratie mitzugestalten und uns einzubringen. Sonst bringen Wahlen alleine in ganz vielen Fällen nicht genug. Es hat sich auch viel geändert durch die Klimabewegung. In fünf Jahren waren in 150 Ländern Millionen Menschen auf der Straße, jetzt haben wir ganz andere Verhältnisse für Klimaschutz. Die gesellschaftliche Bewegung hat es geschafft, dass Grüne ins Parlament kommen und dass in Regierungen etwas passiert. 

Trotzdem schrieben Sie 2022, man sei „den Klimazielen keinen Schritt näher gekommen“. Grünen-Chef Werner Kogler sieht das anders, er meint, dass es in Österreich überhaupt noch nie so viel Klimaschutz gab und man auf der „Überholspur“ sei. 

Ich habe das weltweit gemeint. Wenn etwa auf Klimakonferenzen nicht beschlossen wird, dass wir wirklich aus den Fossilen aussteigen, ist das frustrierend. In Klimafragen in Österreich sind wir aber weitergekommen. Die Emissionen sinken zum ersten Mal. Es ist natürlich noch lange nicht genug. 

Finden Sie die Regierungsarbeit nun gut oder nicht?

Ich bin Klimaaktivistin, ich will immer mehr. Es gibt Punkte, die wären ohne grüne Regierungsbeteiligung nie passiert, ein gutes Beispiel ist die Lobau-Frage: Nachdem sich Menschen gegen diese Straße eingesetzt hatten, wurde das Projekt von einer Ministerin abgesagt. Das war eine mutige Entscheidung. 

Und wenn weitergebaut wird, besetzen Sie dann wieder?

Ich werde weiter auf Demos gehen, aber ich werde mich vor allem mit den Dingen in Brüssel beschäftigen. Generell werden ganz viele Entscheidungen auf EU-Ebene getroffen, deshalb will ich mich ja auch dort einbringen. 

Wie gefällt Ihnen die Koalition mit der ÖVP? 

Die ÖVP hat in vielen Klimafragen gebremst. Vieles ist nicht so gut gelaufen, aber es wurden auch viele Sachen erreicht. 

Der ÖVP-Generalsekretär bezeichnete Sie unlängst als „Extremistin“. 

Das war lustig: Wir sind einfach nur nach dem Hochwasser im Katastrophensommer mit Plakaten vor dem Parlament gestanden. Wir wollten darauf aufmerksam machen, dass solche Naturkatastrophen öfter passieren, wenn wir nicht auf unser Klima aufpassen.

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