Desinformation

Russische Lügenkampagne: Eine Million Falschnachrichten innerhalb eines Monats

Auf der US-Plattform X verbreiten Zigtausende Konten gezielt Desinformation zum Ukraine-Krieg (Archivbild).
Auf der US-Plattform X verbreiten Zigtausende Konten gezielt Desinformation zum Ukraine-Krieg (Archivbild). Bloomberg
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Das deutsche Außenministerium hat eine prorussische Desinformationskampagne auf der Plattform X analysiert. Deren Betreiber, Elon Musk, hat Schutzmechanismen „systematisch abgebaut“.

Von den Nationalratswahlen über die EU-Wahlen bis hin zu den bereits jetzt nervenaufreibenden Präsidentschaftswahlen in den USA. Die Welt wählt, und noch nie waren sie mehr gefährdet denn in diesem Jahr. Das Internet und speziell die sozialen Netzwerke wurden zu einem Quell von Desinformation, Fake News und Verschwörungstheorien. Besonders brisant: Das deutsche Auswärtige Amt deckte nun eine noch nie da gewesene Lügenkampagne auf X auf. Konzertiert in Russland, gegen die Ukraine.

Doch der Reihe nach: Fake-Profile sind immer schwerer zu erkennen. Und so verbreitete sich ein angeblicher Beitrag der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock: „Der Krieg in der Ukraine wird in 3 Monaten vorbei sein.“

Die Verfasser haben (im negativen Sinne) alles richtig gemacht: das Profilfoto, das Nutzerkonto. Doch ein kleines Detail wurde übersehen: ein Faksimile, ein kyrillisches Zeichen auf dem Screenshot. Denn es war kein gefälschtes Nutzerkonto, das verbreitet wurde, sondern ein Screenshot. Und damit begann eine Suche nach den Tätern. Schnell war klar: Ziel der Kampagne sei es offenbar, den Unmut gegen die Regierung zu verstärken und die öffentliche Unterstützung für die Ukraine zu unterminieren, berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am Freitag. Zigtausende Fake-Nutzerkonten wurden demnach gefunden.

Experten hätten im Auftrag des Auswärtigen Amts die Plattform X mit einer speziellen Software analysiert und seien dabei auf ein massives Netzwerk falscher Nutzerkonten gestoßen, die deutschsprachige Inhalte verbreiten. Im Untersuchungszeitraum vom 20. Dezember bis zum 20. Jänner identifizierten die Experten demnach mehr als 50.000 gefälschte Nutzerkonten, die insgesamt mehr als eine Million deutschsprachige Tweets absetzten. An manchen Tagen kam es zu besonders auffälligen Spitzen mit bis zu 200.000 Nachrichten – das sind zwei Mitteilungen pro Sekunde. Ein bislang nie da gewesenes Stakkato an Fake-News. Häufig tauche in den Posts der Vorwurf auf, die deutsche Regierung vernachlässige die eigene Bevölkerung, um die Ukraine zu unterstützen, berichtete „Der Spiegel“ unter Berufung auf die vertrauliche Analyse weiter.

Elon Musk ließ Schutz abbauen

Das Außenministerium in Berlin beobachtet seit geraumer Zeit mit mehreren Datenanalysten Debatten zu außenpolitischen Themen in den Online-Netzwerken. Ziel ist es, Versuche der Einflussnahme durch ausländische Akteure aufzudecken. „Desinformation ist zu einem globalen Bedrohungsfaktor geworden“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts dem „Spiegel“. „Sie wird von denjenigen, die unsere Werte nicht teilen, gezielt eingesetzt, um ganze Gesellschaften zu destabilisieren – nicht nur in westlichen Demokratien, sondern überall.

„Nachdem X unter Elon Musk Schutzmechanismen gegen hasserfüllte und irreführende Inhalte systematisch abgebaut hat, kann der Anstieg solchen Contents nur als erwartbare, logische Konsequenz betrachtet werden“, sagte Lea Frühwirth vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie dem „Spiegel“. „Russische Einflusskampagnen zielen darauf, liberale Gesellschaften zu schwächen. Sie säen Misstrauen gegenüber demokratischen Institutionen, machen Qualitätsmedien verächtlich und stören so die informierte politische Meinungsbildung.“

Aus diesem Grund wurde auch von der EU ein Verfahren eingeleitet. Die Behörde habe unter anderem wegen der „Verbreitung illegaler Inhalte“ Untersuchungen unter dem Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act – DSA) eingeleitet, teilte die Kommission am Montag mit. Der EU-Kommission zufolge wurde von X die Chance nicht genützt zu zeigen, wie das Problem gelöst werden soll. (APA/red.)

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