Literatur

Aurora Venturini hat immer nur über ihre eigene monströse Familie geschrieben

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In „Wir, die Familie Caserta“ erzählt Aurora Venturini von einer grotesken, verstörenden Heldinnenreise. Völlig zu Recht wird die argentinische Autorin gerade wiederentdeckt.

Sie sei ein chaplineskes Kind gewesen, erzählt Chela an einer Stelle: plump und komisch. Liebenswert findet das in ihrer Familie allerdings niemand. Chela wächst in einem „Reich der Bitterkeit“ auf.

Es ist ein Dachboden über dem „Haus der Menschen“, in dem das argentinische Mädchen aus freien Stücken seine Kindheit verbringt. Gesellschaft leisten ihr nur Bartoldo, eine zahme Eule, später die Schildkröte Bertha. Und ihr behinderter kleiner Bruder, den unten in der Familie auch niemand haben will. Da ist der Vater, der sie ein „böses kleines Teufelchen“ nennt und in dessen Gegenwart Chela keinen Ton herausbringt. Da ist die kalte, abwesende Mutter, die sie „Deibelkopf“ nennt und die sich allenfalls für ihre angepasste mittlere Tochter interessiert.

Angepasst, das wird bei dieser Rückschau auf ein Leben klar, war Chela nie. Das Mädchen ist hochbegabt und, nach eigener Diagnose, autistisch. Mit fünf, als das Kindermädchen ihren Geburtstag vergisst, läutet Chela ihre „intellektuelle Haltung ein, meine den Menschen gegenüber unempfängliche Art, ich schätze sie gering, so haben sie es mich gelehrt“. Trotzdem trinkt sie in suizidaler Absicht Mundspülung.

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Zugehörigkeit findet sie in der Literatur, in Gedichten von Rimbaud, später in der Wissenschaft. Sobald sie alt genug ist, verlässt Chela das elterliche Gut, flieht zunächst an die Universität und in eine Liebe zu einem älteren Mann, der nicht zu haben ist. Dann zu den Schriftstellern um Pablo Neruda nach Chile, später nach Paris, ehe sie sich, inspiriert von einem Fund auf dem heimischen Anwesen, auf die Suche nach den Wurzeln ihrer Familie macht. Sie findet sie in Gestalt einer letzten lebenden Verwandten, einer Großtante, die auf Sizilien ein Gut voll wundersamer Artefakte bewohnt.

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