Nordeuropa

Finnlands erste Präsidentenwahl in der Nato-Ära

Alexander Stubb (55) hat die besten Chancen, Finnlands neuer Präsident zu werden.
Alexander Stubb (55) hat die besten Chancen, Finnlands neuer Präsident zu werden. AFP/Markku Ulander
  • Drucken

Die Amtszeit von „Putin-Flüsterer“ Sauli Niinistö (75) endet, wer ihm nachfolgt, tritt in große Fußstapfen. Dem konservativen Ex-Premier Alexander Stubb (55) werden in Runde eins am Sonntag die besten Chancen nachgesagt.

Helsinki. In Finnland findet am Sonntag eine Präsidentenwahl statt, wie sie es in der jüngeren Geschichte noch nie gab. Grund: Russlands Ukraine-Invasion hat das strategische Umfeld des an Russland grenzenden Landes völlig verändert, es gab seine Politik der Neutralität mit zeitweiser Neigung zugunsten der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg auf und trat im Vorjahr der Nato bei. Russland hat militärische Andeutungen mit Hinsicht auf Finnland, seine frühere Provinz, gemacht, das im berüchtigten Winterkrieg 1939/40 den Sowjets unterlag.

Amtsinhaber Sauli Niinistö (75), ein Konservativer, kann nach zwei Amtsperioden seit 2012 nicht mehr antreten. Er hatte einst enge Verbindungen zum russischen Präsidenten, Wladimir Putin, zumindest im Sinne eines Verständnisses für dessen Psyche, weshalb man ihn „Putin-Flüsterer“ nannte. Im Vorfeld der Ukraine-Invasion im Februar 2022 hatte er wiederholt mit Putin gesprochen, und auch danach, wobei er dem Kreml-Chef letztlich erklärte, dass sein Land sich der Nato zuwenden werde.

Sauli Ninistöö anno 2018 bei einer Pressekonferenz mit Wladimir Putin.
Sauli Ninistöö anno 2018 bei einer Pressekonferenz mit Wladimir Putin. Imago / Mikhail Metzel

In jüngsten Umfragen liegt der ehemalige konservative Premier Alexander Stubb (55) mit 22 bis 27 Prozent der Stimmen vor Ex-Außenminister Pekka Haavisto (65) von der grünen Partei (20 bis 23 %). Beide sind dezidiert proeuropäisch und für den Schutz der rund 1300 Kilometer langen Landgrenze zu Russland, auch mit Gewalt.

Dichte Grenzen zu Russland auch wegen Migranten

Dabei geht es weniger um selbstverständliche Verteidigung gegen militärische Aggressionen, sondern vielmehr um den Andrang von Asylwerbern meist aus dem arabisch-islamischen Raum an besagter Grenze. Helsinki hat die meisten Übergänge geschlossen, baut an Befestigungen und wirft Russland vor, Migranten nach Finnland zu lenken, um es zu destabilisieren, wie es Belarus ab 2021 mit Polen, Lettland und Litauen probiert hat. Russen ist der Grenzübertritt mittlerweile bis auf Ausnahmen untersagt. Russland hat mehrfach Strom- und Holzexporte nach Finnland gestoppt und wegen der „Bedrohung“ durch dessen Nato-Beitritt militärische Vorbereitungen angekündigt.

Die Präsidentschaftskandidaten Pekka Haavisto, Jussi Halla-aho and Alexander Stubb (von links) bei einer TV-Debatte.
Die Präsidentschaftskandidaten Pekka Haavisto, Jussi Halla-aho and Alexander Stubb (von links) bei einer TV-Debatte.Reuters / Lehtikuva

Der Nationalist Jussi Halla-aho (52) von der Finnenpartei lag zuletzt mit 18 Prozent auf Platz drei. Er ist ein Hardliner gegen Zuzug und nennt Russland „Schurkenstaat“. Anders als Stubb und Haavisto plädiert er dafür, Migranten aktiv zurückzudrängen. Aufgrund der praktisch geschlossenen Grenze kommen freilich nur wenige illegale Migranten über selbige, einige Tausend sollen auf der russischen Seite festsitzen.

Neben den erwähnten treten noch sechs weitere Kandidaten an, drei davon Frauen. Da am Sonntag wohl keiner eine absolute Mehrheit bekommt, folgt eine Stichwahl. Da dürfte Stubb die besten Chancen haben. Im (vermutlichen) Duell mit Haavisto war er 2023 in Umfragen lang hinten gelegen und überholte ihn erst im November.

Jetzt zählt eben Härte

Beobachter sagen, ein Hauptmotiv der Wähler sei die Haltung der Kandidaten gegenüber Moskau. Die Finnen (rund 5,6 Millionen EW) seien von Russland enttäuscht und fühlten sich historisch bedingt real bedroht. „Wenn es früher darum ging, wer die besten Kontakte nach Russland hat und sich dort am besten auskennt, geht es jetzt darum, wer sich am härtesten gegen Russland positioniert“, sagt die Politologin Johanna Vuorelma.

Der nächste Präsident wird zugleich der erste finnische „Nato-Präsident“ sein. Das ist auch deshalb von Bedeutung, weil seine Kompetenzen etwa im Vergleich mit jenem in Österreich deutlich größer sind. Im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik hat er eine Leitfunktion und vertritt Finnland in der Regel bei Treffen des Nordatlantikpakts.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.