Nordeuropa

Historische Präsidentenwahl in Finnland

Alexander Stubb (55) galt als Favorit.
Alexander Stubb (55) galt als Favorit.APA/AFP
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Die Finnen wählten am Sonntag erstmals seit dem Eintritt in den westlichen Militärpakt Nato ein neues Staatsoberhaupt. Für alle der neun Kandidaten war ein hartes Profil gegenüber Russland Pflicht.

Helsinki. In Finnland (ca. 5,6 Millionen Einwohner) wurde am Sonntag ein neuer Präsident gewählt. Die Wahl gilt dieses Mal als besonders bedeutsam, weil sie die erste ist, seit das einst neutrale Land im Vorjahr der Nato beigetreten ist. Motiv: der Angriff Russlands auf die Ukraine und ähnliche Befürchtungen aus historischen Gründen.

Von den neun Kandidaten, die Amtsinhaber Sauli Niinistö (seit 2012) nachfolgen könnten und alle eine harte Haltung gegenüber dem Nachbarn Russland versprechen, galt der Chef der konservativen Sammlungspartei und frühere Premier Alexander Stubb (55) als Favorit. Umfragen sahen ihn in Runde eins bei 22 bis 27 Prozent, knapp vor dem zentristischen Grünen Pekka Haavisto (20 bis 23 %) und Jussi Halla-aho von der nationalistischen Finnischen Partei (15 bis 18 %).

Zu Redaktionsschluss dieser Textversion gab es noch keine Zahlen. Man erwartet in jedem Fall eine Stichwahl.

Außenministerin Elina Valtonen sah ihr Land im Vorfeld der Wahl gegen Einflussversuche aus Russland gewappnet. Man sei darauf vorbereitet gewesen, sagte sie, und habe keine Manipulations- oder Beeinflussungsversuche gesehen. Die Finnen seien „sehr resilient“, sagte Valtonen, die der Nationalen Sammlungspartei von Ministerpräsident Petteri Orpo angehört. „Wir lassen uns nichts diktieren.“

Mehr Macht als in Österreich

Niinistö (75), ebenfalls von der Sammlungspartei, konnte nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten. Wegen seiner einst guten Verbindungen zum russischen Präsidenten, Wladimir Putin, zumindest im Sinn eines Verständnisses für dessen Psyche und Motivationen, hat man ihn „Putin-Flüsterer“ genannt. Er versuchte auch nach Beginn des Ukraine-Kriegs mäßigend auf Putin einzuwirken, leitete dann allerdings maßgeblich den historischen Schwenk des nordischen Landes von einer Blockfreiheit hin ins westliche Militärlager ein und erläuterte das Putin auch in Gesprächen.

Der finnische Staatspräsident hat deutlich mehr Kompetenzen als etwa jener in Österreich, und das speziell im Bereich der Außen- und Militärpolitik. Aus der Innenpolitik hält er sich dagegen eher heraus, gilt aber im Volk jedenfalls als eine moralische Autorität mit gewisser Richtlinienkompetenz.

Eine ganz spezielle Beziehung

Als einstiger Teil des russischen Zarenreichs von Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur Unabhängigkeitserklärung Ende 1917 hat Finnland eine ganz besondere Beziehung zu Russland, deren emotionale Komponente durch die Verstrickung der Finnen in Ausläufer des Russischen Bürgerkriegs, vor allem aber durch den brutalen Winterkrieg 1939/40 genährt worden ist. Damals widerstand das kleine finnische Heer viele Monate der gewaltigen Überlegenheit der Sowjets, bis es im März 1940 doch aufgeben musste.

Da Finnland im nachfolgenden Zweiten Weltkrieg gemeinsam mit Deutschland gegen Russland kämpfte, wenngleich mit sehr begrenzten Zielen, musste es nach dem Krieg mit Moskau Verträge schließen, die ihm eine neutrale, in Teilen aber pro-sowjetische Politik aufzwangen. Dafür blieb es territorial großteils intakt. Nach dem Ende der UdSSR 1991 begann offen der sanfte Schwenk der Finnen ins westliche Lager. (Reuters/wg)

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