„Wir wollten nur tanzen“: Teil einer künstlerischen Installation für die von der Hamas entführten Geiseln.
Gaza-Krieg

So extrem ist Israels Rechte

Der Krieg in Israel ist auch Folge der katastrophalen Politik einer rechtsextremen Regierung, der das Ideal des historischen Zionismus völlig fremd ist. Netanjahu unterstützt einen religiösen Extremismus, der immer stärker an den der Hamas erinnert.

Wie soll man die von den Hamas-Brigaden am 7. Oktober 2023 begangenen Morde bezeichnen?

Als ich am 4. Dezember 2023 in die israelische Botschaft eingeladen wurde, um Ausschnitte mehrerer Videoaufnahmen anzusehen, war ich von der Lust, die auf den Gesichtern dieser jungen Männer, die sich selbst filmten, zu erkennen war, zutiefst betroffen. Sie schrien ihren Hass hinaus, riefen den Namen Allahs, grinsten und lauschten auf die Stimme eines Anführers, der sie dazu aufforderte, sich mit den Leichen zu vergnügen und sie zu verstümmeln. Als sie gegen 6.30 Uhr den Kibbutz Be’eri (in der Nähe der Stadt Sderot) betreten, erschießen sie sogleich einen alten schwarzen Labrador-Hund, der sich ihnen freudig und ohne zu bellen nähert, als wollte er ein Familienmitglied begrüßen. Dann dringen sie innerhalb weniger Minute in die Häuser ein, deren noch schlafende und halb nackte Bewohner sofort von Kugeln durchsiebt ­werden.

Dann folgen die Handgranaten und das Anzünden der Leichen, von denen manche mit Äxten und nach einem seit Urzeiten bekannten Feierritual zerstückelt werden: Gekreische, Zuckungen, Gestikulieren. Dazu kommt die brutale Entführung der Geiseln. Kurz gesagt, ein kollektiver, hemmungsloser Todestrieb. Nebenbei stellt man fest, dass zwei nackte und völlig schockierte Jugendliche verschont wurden. Warum? Und warum wurde der Hund ermordet? Niemand wird das wohl je erfahren. 

Es handelt sich um einen im Namen Gottes begangenen und teilweise von den Mördern selbst gefilmten kollektiven Mord. Er war zwar sorgfältig organisiert, nichtsdestoweniger ist es ein fanatischer Ausbruch von Gewalt und Wahnsinn. Dieses Massaker erinnert an das in der Bartholomäusnacht (1572), wie es auf Gemälden und in Berichten der Historiker dargestellt wurde. Die oft verwendeten Begriffe „Pogrom“ oder „Razzia“ erscheinen mir zur Bezeichnung dieser Handlungen nicht angemessen, denn sie setzen die Plünderung von fremdem Eigentum voraus. Noch weniger passt die Bezeichnung „Völkermord“, die nun wahllos und unreflektiert benutzt wird. 

Recht auf Selbstverteidigung Israels

Am 11. Jänner 2024 rief Südafrika den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag an, um eine Verurteilung Israels zu erwirken, das wegen Völkermords in Gaza angeklagt wurde. Worauf Benjamin Netanjahu sofort erwiderte, dass die Hamas „das schlimmste Verbrechen gegen das jüdische Volk seit dem Holocaust begangen habe“, das das Recht Israels auf Selbstverteidigung rechtfertige. Mit anderen Worten, beide Seiten bezichtigen einander, Völkermörder, ja Nazis zu sein. Nun setzt aber Völkermord nach der Definition des IGH immer eine staatliche Planung voraus. Es muss „eine Unterscheidung getroffen werden zu Massakern, Verfolgungen, Auslöschungen und beabsichtigten Angriffen auf Zivilisten, die in die Kategorie der ‚Verbrechen gegen die Menschlichkeit‘ fallen“. 

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