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Bad Gastein: Alte Häuser, neue Gäste

Nicht alles ist eitel Wonne in Bad Gastein.
Nicht alles ist eitel Wonne in Bad Gastein. Picturedesk/Neumayr
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Belle-Époque-Architektur trifft auf Zeitgeist und Design. Bad Gastein wurde in den vergangenen 20 Jahren ordentlich entstaubt – trotzdem bleibt viel zu tun.

Beim Lighthouse Festival haben die Kronleuchter im Grand Hotel de l’Europe wieder einmal ordentlich gewackelt. Mehr als 1000 Gäste – vor allem junge Leute aus Deutschland, Österreich und Skandinavien – tanzten am vergangenen Wochenende im Wiener Saal, der schon viele Feste mit illustren Gästen gesehen hat, zu den Beats von angesagten Electronic-Bands und DJs ab.

Musik, wie man sie eher in Clubs in Berlin oder Hamburg vermutet und nicht so sehr in einer Kurstadt mitten in den Bergen. Bad Gastein hat es geschafft, das Image als etwas angegraute Alpenstadt abzulegen und sich – wie einst in der Hochblüte des aristokratischen und großbürgerlichen Kurtourismus – als hippen „place to be“ bei einer jungen Klientel zu positionieren.

Berlin der Alpen

„Wir machen seit 20 Jahren nichts anderes, als den Staub hinauszublasen“, sagt der Architekt Ike Ikrath im Gespräch mit der „Presse“. Er und seine Frau Evelyn waren mit dem Hotel Miramonte und dem Haus Hirt Anfang der 2000er-Jahre unter den Pionieren, die mit dem Charme der in die Jahre gekommenen, einst prachtvollen Hotels spielten und sie neu in Szene setzten. Es entstanden Rückzugsorte für eine junge, kreative Szene und Genießer. Beflügelt von der Vintage- und Retrowelle wurden die alten Kästen plötzlich nicht mehr als Bürde, sondern als Chance gesehen. Die Botschaft funktionierte, Bad Gastein positionierte sich geschickt als junge Destination, als „Berlin der Alpen“.

Trotzdem ist längst nicht alles eitel Wonne in der Bergstadt. Die jungen Gäste sind mobil, sie kommen nicht verlässlich über Jahre wie einst der deutsche Kaiser Wilhelm, der 20 Mal in Gastein zur Kur war.

Die Destinationsentwicklung ist deshalb ein großes Thema im Ort. Zwar wurden in den vergangenen Monaten endlich die renovierten Hotels am Straubingerplatz eröffnet, der jahrzehntelange Stillstand an einem der wichtigsten Plätze im Ort ist Geschichte. Aber leere Objekte mit viel Geschichte gibt es nach wie vor genug in Bad Gastein. „Wir haben parallel zur Baustelle am Straubingerplatz ein Hotelimmobilienkonzept für die leer stehenden Liegenschaften gemacht. Es ging dabei um Baudichten, mögliche Zielgruppen und auch um potenzielle Investoren“, berichtet Lisa Loferer, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Bad Gastein. Mehrere Projekte seien in der Entwicklung, Genaueres will sie aber erst sagen, wenn die Dinge spruchreif sind.

Für Ikrath, der schon viele Investoren im Ort kommen und gehen gesehen hat, ist wichtig, dass es den Unternehmen, die sich engagieren, nicht um das schnelle Geld, sondern um ein langfristiges Engagement und hohe Qualität geht. „Jeder, der hier etwas Tolles machen will, kann es machen. Wir sind eine riesige Sandkiste“, sagt Ikrath. Aber man müsse dabei immer die Umgebung, die historische Substanz und Kultur des Ortes im Blick haben. Das brauche viel Herzblut und sei harte Arbeit, weiß er aus Erfahrung. „Wo Leben ist, entsteht Leben“, wünscht er sich mehr junge Menschen, die sich in den Ort verlieben, sich hier ansiedeln und dann etwas umsetzen. Es gehe nicht nur um den Tourismus, sondern auch darum, dass es genügend leistbaren Wohnraum für Menschen, die hier leben wollen, gebe. Schließlich müssen die Mitarbeiter für die Betriebe auch irgendwo herkommen. „Alles muss zusammenspielen“, so Ikrath.

Setzen auf die Bahn

Dazu gehört auch die Mobilität: Der Ort, der durch die Lage am Berg mehrere Ebenen hat, ist mit der Bahn zu erreichen. In zwei Jahren, wenn der neue Bahnhof Bad Gastein fertig wird, wird es noch einfacher: Es ist ein Stundentakt mit internationalen Zügen geplant. Eine zusätzliche Chance, um eine junge, umweltbewusste Gästeschicht stärker anzusprechen. „Der Gast der Zukunft kommt mit der Bahn“, ist Bürgermeister Gerhard Steinbauer (ÖVP) überzeugt. Er tritt am 10. März bei der Bürgermeisterwahl nicht mehr an – nach 20 Jahren im Amt. Das Mobilitätskonzept für den Ort liegt fertig in der Schublade für den Nachfolger. Ein Tunnel vom Parkhaus beim Wasserfall bis zum Parkdeck am Stubnerkogel soll künftig die verschiedenen Ebenen des Ortes unterirdisch verbinden und das Zentrum vom Verkehr entlasten. Ob es wirklich so umgesetzt werden kann, hängt von der Finanzierbarkeit ab, räumt Steinbauer ein.

Sorgenkinder bleiben

Der Bürgermeister hinterlässt seinem Nachfolger aber nicht nur ein Verkehrskonzept, sondern auch einige Sorgenkinder. So ist nach wie vor unklar, wie es mit dem Haus Austria und dem Kongresshaus weitergehen soll. Beide Objekte gehören jenem „Investor“, der auch den Straubingerplatz jahrelang brach liegen ließ. Die Häuser stehen seit Jahren leer. Neue Ideen braucht es auch für das etwas abgelegene Hoteldorf Grüner Baum im Kötschachtal und einige leere Häuser im Zentrum.

Viel mehr als die derzeit 8500 Gästebetten soll es aber auch in Zukunft nicht geben. „Man muss sich bei einem neuen Projekt sehr genau ansehen, was es für die bestehende Infrastruktur heißt“, betont die Tourismuschefin. Rund 1,2 Millionen Nächtigungen hat Bad Gastein und liegt damit seit Jahren recht stabil. Der traditionelle Kurtourismus sorgt für etwa ein Drittel der Gäste. Sommer- und Winternächtigungen halten sich in etwa die Waage. Die Wertschöpfung im Winter sei aber wesentlich höher als jene im Sommer, erklärt Loferer.

Sie will neue Gästeschichten für Bad Gastein erschließen. Mit dem neuen Fünfsternehotel am Straubingerplatz spreche man eine neue Klientel an. Junges, urbanes Publikum lockt man mit Veranstaltungen wie dem Freeski-Event Red Bull Playstreets, dem neuen Lighthouse Musikwochenende oder dem Kunstfestival Sommerfrischekunst. Und in Kürze werde man ein neues Sportevent für den Sommer vorstellen – was das ist, will Loferer aber noch nicht verraten.   

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