Von Skandalfilmen wie dem in Wien gedrehten „Nachtportier“ bis zur Kampfansage an die eigene Familie: Das Österreichische Filmmuseum würdigt bis Ende Februar die Meisterregisseure Liliana Cavani und Marco Bellocchio.
Dutzendweise liegen die Menschen tot auf den Straßen – die Passanten jedoch würdigen die Leichen keines Blickes. Und steigen notfalls, wenn sie direkt in Haus- oder Geschäftseingängen liegen, kaltblütig über sie drüber. Liliana Cavanis Spielfilmdebüt „I cannibali“ (1969) verwandelt die Sophokles-Tragödie „Antigone“ in einen dystopischen Science-Fiction-Film: Mitleid ist in seiner Welt polizeilich verboten, die elementarsten Akte der Menschlichkeit werden darin zu Gesten des Widerstands.
Dass alles, gerade auch das Persönliche, Zwischenmenschliche, politisch sein kann: Diese Erkenntnis verbindet die in vielem sehr unterschiedlichen Werke der beiden Regiegrößen, denen das Wiener Filmmuseum derzeit eine Doppelretrospektive widmet. Cavani und Marco Bellocchio, beide geboren in den 1930er-Jahren, gehörten zu einer Generation des Umbruchs im italienischen Kino.