Gaza-Krieg

Israels Trauma hemmt die Empathie für die Menschen in Gaza

Ein Blick von Israel auf das umkämpfte Palästinensergebiet. Ein Kameramann in der südisraelischen Stadt Sderot schaut Richtung Gazastreifen.
Ein Blick von Israel auf das umkämpfte Palästinensergebiet. Ein Kameramann in der südisraelischen Stadt Sderot schaut Richtung Gazastreifen.APA/AFP/Jack Guez
  • Drucken
  • Kommentieren

Israelische Medien berichten über die Opfer des Hamas-Terrors, die israelischen Gefallenen und das eigene Leid. Palästinensische Stimmen kommen dabei kaum vor. Warum das so ist, erklärt Expertin Keren Tenenboim-Weinblatt.

Kan Reshet Bet ist einer der wichtigsten Radiosender Israels, fokussiert auf News und Talk. In normalen Zeiten treten in der morgendlichen Politshow fast täglich hochrangige Politiker auf. Seit Beginn des Gaza-Kriegs jedoch beginnt fast jede Sendung mit einem Gespräch der anderen Art: Zu Wort kommen auf dem prominentesten Interviewplatz Angehörige von Menschen, die am 7. Oktober ermordet oder entführt wurden, oder von Soldaten, die bei Kämpfen im Gazastreifen gefallen sind. Die Moderatoren, Kalman Liebeskind und Assaf Lieberman, die mit Interviewpartnern sonst hart ins Gericht gehen, befragen die Trauernden behutsam und empathisch. Dass das Andenken der Toten „zum Segen sein werde“, wünschen sie, wie es im Judentum üblich ist, und dass „bessere Tage kommen – für uns alle“.

Seit dem Terrorangriff der Hamas vor vier Monaten herrscht in dem Land der Ausnahmezustand – und das gilt auch für seine Medien. Die Politprogramme der großen Fernseh- und Radiosender beschäftigen sich fast rund um die Uhr mit dem Krieg. Zwischen Debatten und Nachrichten werden emotionale Porträts der Gefallenen ausgestrahlt. Auch in Print- und Onlinemedien gibt es kaum ein anderes Thema als Kampf und Trauer – auf der israelischen Seite.

Überwältigt vom eigenen Leid

„Die Berichterstattung ist zutiefst israelisch“, sagt Keren Tenenboim-Weinblatt, Professorin für Kommunikation und Journalismus an der He­bräischen Universität in Jerusalem. „Ihr Fokus ist nach innen gerichtet, auf das israelische Trauma. Sie ist noch nicht bereit dazu, andere Perspektiven zuzulassen.“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.