Systemisches Denken

Führungskräfte brauchen mehr Mut zur Doppeläugigkeit

Die Presse, Clemens Fabry
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Wenn es um Trans­formation gehe, komme Unternehmen eine zentrale Rolle zu, sagt Ruth Seliger.

Wer über gesellschaftliche Transformation sprechen wolle, der müsse über Organisationen reden – beziehungsweise mit ihnen, sagt Ruth Seliger. Und ganz speziell mit Wirtschaftsorganisationen. Ihnen schreibt die renommierte Unternehmensberaterin eine wichtige Rolle zu, besonders wenn es um ökologische und soziale Themen geht.

Da ihr die Transformation ein Anliegen ist, wie sie schon 2022 in ihrem Buch „Systemische Beratung der Gesellschaft – Strategien für die Transformation“ dargelegt hat, hat sie das Forum:transformieren ins Leben gerufen. Am 12. und am 13. April vermitteln sie und weitere Expertinnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft bei einem Workshop in Wien systemisches Prozess-Know-how für Unternehmen und Initiativen.

Verändern – gewollt oder nicht

Organisationen und in ihnen in besonderer Weise die Führungskräfte und Manager bekommen mit, „was draußen ,rauscht‘. Und sie überlegen, was sie deshalb im Inneren ihrer Organisation tun müssen.“ So war es in der Vergangenheit. Heute reiche es nicht mehr, dass sie von „außen getriggert werden, sondern sie müssen auch von innen nach außen wirken“.

»Führungskräfte sollten zwei Dinge sehen. Erstens: Wie wirkt die Umwelt auf mich? Und zweitens: Wie wirke ich auf die Umwelt? «

Ruth Seliger

Denn ob sie es nun wollen oder nicht: Wirtschaftsorganisationen verändern die Welt (und die Verhaltensweisen der Menschen) durch die Produkte und Dienstleistungen, die sie anbieten, ist Seliger überzeugt. Daher sei es wichtig, dass sich Führungskräfte dessen und ihrer damit verbundenen Verantwortung bewusst seien.

Der Begriff, den Seliger dafür verwendet, heißt „Doppeläugigkeit“: Dahinter steckt die Fähigkeit von Führungskräften zu sehen, dass das Innere und das Äußere einer Organisation sich wechselseitig beeinflussen. Das habe zur Folge, dass sie neben den fachlichen und den psychologischen Fähigkeiten, ein Team (gut) führen zu können, verstärkt auch Verantwortungsgefühl für die Gesellschaft mitbringen sollen bzw. müssen. Dabei, sagt Seliger in Anlehnung an die Aussage eines österreichischen Managers: „Geht es nicht um die Moral, sondern um die Frage: In welcher Welt wollen wir leben?“

Als Systemikerin sei ihr wichtig, sagt Seliger, dass Führungskräfte, möglichst viele Perspektiven – von außen – im Blick haben, um das gut erledigen zu können, was ihre zentrale Aufgabe sei: Entscheidungen zu treffen. Damit meint sie mehr als Umsatz, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden oder Strukturen mitzubedenken. „Warum nicht auch kritische Stimmen von außen zu Wort kommen lassen?“, ermuntert Seliger zu einem nicht immer bequemen und angenehmen Zugang. Nur so lasse sich das große System – zumindest ansatzweise – sehen und damit erkennen, „dass man Mitspieler“ darin ist.

Gut entscheiden können

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