Kirche

Februarkämpfe 1934: Ein Bischof bittet um Vergebung

Der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl: „Bitterer Rückblick“.
Der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl: „Bitterer Rückblick“. Helmut Lunghammer
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90 Jahre nach den Februarkämpfen in Österreich mit hunderten Toten bittet der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl um Vergebung für das Verhalten der damaligen Bischöfe der katholischen Kirche. Und er nimmt auch Bezug zu aktuellen Spannungen.

„Als Bischof der Diözese Graz-Seckau bitte ich um Vergebung, wenn durch das Verhalten der Kirche in jenen Jahren der Blick auf Jesus Christus und das Evangelium verstellt war und sich deshalb Frauen und Männer von der Kirche abgewandt haben.“ Mit diesen Worten hat der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl am Freitag anlässlich des 90. Jahrestags der Februarkämpfe von 1934 um Vergebung für das damalige Verhalten der Kirche ersucht.

Die damals „enge Verflechtung von Kirche und Parteipolitik hat viele Menschen irritiert“, schreibt der Bischof in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress. Und sieht einen „bitteren Rückblick“.

Gräben überwunden

Erst in den Jahren der Zweiten Republik sei es der katholischen Kirche in Österreich gelungen, aufgerissene Gräben zu überwinden. „Dass dieser Weg des Dialogs beschritten wurde, ist dem Wirken von Priestern und Laien zu verdanken, die das Gespräch besonders zwischen Kirche und Arbeiterschaft, zwischen der Kirche und den politischen Parteien gesucht und damit Brücken gebaut haben“, so der Bischof.

Bezug zu aktuellen Spannungen

Das Gedenken an die Ereignisse vor 90 Jahren mahne und ermutige zugleich die katholische Kirche in der Steiermark und alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte, „diesen aufrichtigen Dialog zwischen kirchlichen Amtsträgern und staatlichen Repräsentanten, zwischen der Kirche und allen gesellschaftlichen Gruppen und den politischen Parteien vertieft fortzusetzen“, so Krautwaschl. „Das dient dem Wohle unseres Landes und der Demokratie in Österreich; gerade angesichts der Spannungen unserer Zeit.“

Die Erste Republik sei in Österreich von einem engen Zusammenwirken von katholischer Kirche und Christlichsozialer Partei geprägt gewesen. „Damals nahmen mehrere Priester wichtige politische Ämter wahr, bis die Bischofskonferenz am 30. November 1933 den Beschluss fasste, dass sich der Klerus aus der aktiven Parteipolitik zurückzuziehen hatte; diese Entscheidung haben die Bischöfe im Jahre 1945 bekräftigt“, erinnerte Krautwaschl.

„Nicht entschlossen genug entgegengetreten“

Als Bundeskanzler Engelbert Dollfuß 1934 den „Ständestaat“ errichtete und sich dabei auf die päpstliche Enzyklika „Quadragesimo anno“ (1931) berief, sei die katholische Kirche weitgehend dem Kurs dieser autoritären Regierung gefolgt. Krautwaschl: „Die Februarkämpfe im Jahre 1934 in österreichischen Industriestädten, besonders auch in Graz, Leoben, Bruck an der Mur und Kapfenberg mit mehreren hundert Toten haben tiefe Wunden im Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Arbeiterschaft sowie Sozialdemokratie hinterlassen.“

Zwar habe es Proteststimmen, Verständigungsbemühungen sowie Appelle zum Frieden und zur Versöhnung untereinander durch Vertreter der katholischen Kirche gegeben. „Dennoch ist im Rückblick bitter festzuhalten, dass die damaligen Bischöfe dem Zurückdrängen des politischen Pluralismus und der Ausschaltung des Parlaments nicht entschlossen genug entgegengetreten sind“, so Bischof Krautwaschl abschließend. (kap)

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